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Lernen lernen

Gestern gab es an Sohnemanns Schule einen Vortrag zum Thema „Das Lernen lernen“ und da dachte ich mir „besser spät als gar nicht“ und bin da mal hin. Lieblingskerl natürlich im Schlepptau, denn der kann auch mal die Lauscher aufspannen, wenn es darum geht, sich Wissen in Sachen Kindererziehung anzueignen.

Und ich muss sagen: Spannend! Unterhaltsam! Informativ!

Auch für mich selbst war da einiges dabei, wo ich mich selbst wiederfand. Ein Blick auf meinen Schreibtisch genügt, um mich als kretiv-chaotisch ausgerichteten Lerntyp einzustufen. Zum GLÜCK ist man ja immer ein Mischtyp und ich habe auch sehr viele Anteile aus dem logisch-abstrakten Bereich. In mir steckt auch ein Streber! Sohnemann würde ich eher als emotionalen Lerntyp einschätzen – herausragendes Merkmal: ohne Lob nix los. Bei Kritik kompletter Rückzug. Passt. Wenn man es erstmal weiß, lässt sich damit besser umgehen.

Das Beste daran: wenn ihr selbst Kinder im schulpflichtigen Alter habt und Eure Schulleitung bzw. die Elternvertreter mitziehen, kann man so einen Vortrag auch an die Schule eurer Sprößlinge holen. Kostenfrei! Nähere Infos findet ihr hier

 

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Zu weinerlich?

Sohnemann hat arge Sorgen in der Schule und ich strebe einen Schulwechsel für ihn an.

Freie Plätze gibt es an der in Frage kommenden Schule nicht, also soll ich der Schulleitung schriflich mein Anliegen vortragen.

Hier also mein Entwurf:

 

Sehr geehrte Frau Schulleitung,

heute wende ich mich an Sie mit der Bitte um Überprüfung, ob ein Schulwechsel meines Sohnemanns an Ihre Top-Schule zum Beginn der 8. Klasse möglich wäre.

Leider durchläuft Sohnemann an der Ätz-Schule einen Leidensweg. Ein Mitschüler hat sich ihn als Ziel für Beleidigungen, Provokationen und Verleumdungen ausgesucht und leider erhält Sohnemann keine Unterstützung der Lehrer, um dagegen vorzugehen. Der Mitschüler geht dabei sehr geschickt und einfallsreich vor, so dass selten ein Lehrer konkret etwas mitbekommt. Nun soll ich mich mit Unterstützung des Elternvertreters selbst an dessen Eltern wenden, da seitens der Schule bislang nichts erreicht wurde.

Die Jahrgangsleiterin der 7. Klassen lehnt Gespräche mit den Eltern des entsprechenden Schülers mittlerweile ab, da der Vater einen sehr respektlosen Umgang gegenüber Frauen pflegt. Klassenkonferenzen verlaufen ergebnislos und der Mitschüler fühlt sich durch das inkonsequente Vorgehen nur noch mehr darin bestätigt, dass er machen kann, was er will und ihm nichts passiert. Stattdessen dreht der Mitschüler den Spieß um und behauptet bei jeder Auseinandersetzung, er hätte nichts getan, sondern ihm wurde etwas angetan.

So musste Sohnemann schon Strafarbeiten erledigen, weil Aussage gegen Aussage stand und kein Lehrer sich die Mühe machte, sich näher mit der Angelegenheit zu befassen. Vielleicht war der Mitschüler auch nur lauter und vehementer bei seiner Aussage. Sohnemann wurde auch einmal vom Unterricht ausgeschlossen, musste einen Tag lang vor dem Lehrerzimmer sitzen, mit der Begründung, er wäre immer dabei, wenn was passiert und hätte einen generellen Denkzettel verdient. Es wurde auch behauptet, Sohnemann würde spucken und schubsen, obwohl das zum Standardrepertoire seines Mitschülers gehört.

Da der Mitschüler bereits 2 Kinder auf dem Schulhof verprügelt hat, wobei ein Kind sogar im Krankenhaus versorgt werden musste, und auch gerne mit seinem schlagkräftigen großen Bruder droht, hat mein Sohn jeden Morgen kein guten Gefühl auf dem Weg zur Schule.

Erst letzten Montag  wurden Sohnemann von dem Mitschüler vor Beginn der Sportstunde Beleidigungen zugeflüstert, aber Sohnemann war es, der für seine Bemerkung „Lass mich in Ruhe!“ 10x den Satz „Ich höre auf die Anweisungen meines Lehrers“ aufschreiben musste, weil er quatschte, obwohl gerade der Lehrer sprach. Seine Erklärung wurde vom Sportlehrer abgetan mit den Worten „Ist mir doch egal. Regelt das untereinander. Eure Probleme interessieren mich nicht!“. In der Umkleidekabine gingen die Provokationen weiter und Sohnemann hat sich innerlich so aufgeregt, dass er starkes Nasenbluten bekam. Den anfänglichen Streit musste er dann, neben der schriftlichen Strafarbeit, zu Papier bringen und abgeben – so, wie es an der Ätz-Schule bei jeder Auseinandersetzung üblich ist. Abschließend musste er noch sein Blut aufwischen und verbrachte den Rest des Sportunterrichts liegend auf einer Bank.

Bedauerlicher Weise tritt mein Sohn bei der Verteidigung seiner Rechte immer sehr zurückhaltend auf und möchte lieber Streit vermeiden, als aufzubegehren und anzuecken. Er frisst dann Probleme in sich rein und ich selbst brauche viel Fingerspitzengefühl, um nach Schulschluss herauszufinden, was genau ihn betrübt und warum er wieder sehr in sich gekehrt und traurig ist.

Meiner Meinung nach sollte eine Schule das soziale Miteinander ihrer Schüler fördern, den Heranwachsenden die Chance geben, zu selbstbewussten Persönlichkeiten heranzureifen und Gerechtigkeit zu erfahren. Sohnemann hingegen lernt Angst, Resignation und Ungerechtigkeit kennen. Auch das Miteinander im Klassenverband ist geprägt durch gegenseitiges Misstrauen und es wird seitens der Lehrer gefördert, sich gegenseitig anzuschwärzen. Leider gibt es dadurch keinen Zusammenhalt in der Klasse und wenig echte Freundschaften. Förderliche Maßnahme wie beispielsweise eine Klassenfahrt finden nicht statt. Entgegen seiner Erfahrungen aus der Grundschule Heilewelt nutzen viele Lehrer an der Ätz-Schule das Anschreien der Kinder als Erziehungsmethode. Das verunsichert ihn zusätzlich.

Deswegen möchte ich Sie bitten, Sohnemann die Chance zu geben, durch einen Schulwechsel wieder Spaß am Lernen und  Freude mit den Mitschülern zu erleben.

Seine schulischen Leistungen konnte er bislang noch auf einem guten Niveau halten, allerdings möchte ich nicht abwarten, bis der tägliche Spießrutenlauf sich auf seine Leistungen auswirkt. Eine Kopie des Prognosezeugnisses für das 2. Schulhalbjahr 2016/2017 füge ich zur Kenntnisnahme bei.

Ich hoffe sehr, dass Sie meine Bitte wohlwollend prüfen und stehe jederzeit gerne für ein persönliches Gespräch zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Die heulende Mutter

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Bedienungsanleitung

Sohnemann sollte in Lebenskunde eine Bedienungsanleitung für sich selbst schreiben. Ahhhh, jaaaaa…. Nun gut. Wenn das hilft… Da Schreiben mein Ressort in unserem kleinen Familienunternehmen ist, hab ich ihm mal etwas als Vorschlag unterbreitet:

 

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– Allgemeines

Diese Bedienungsanleitung gilt für Sohnemann in der Baureihe vom 01.12.2003 (im Folgenden Sohnemann genannt).

Der bestimmungsgemäße Gebrauch von Sohnemann wird im Allgemeinen mit „Leben und leben lassen“ bezeichnet.

Der Lieferumfang beinhaltet einen Körper und ein Gehirn (in der Basisversion). Bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres sind Zubehörteile wie Kleidung und Besitz beim Hersteller (siehe Abschnitt „Gewährleistung“)  erhältlich.

 

– Grundlegende Sicherheitshinweise

Sohnemann funktioniert nur, wenn man ihn Essen, Trinken, Bewegung, Spiel, Freizeit, eine Schlafmöglichkeit, liebevolle Zuwendung  und unbegrenzten Internetzugang zur Verfügung stellt.

Keinesfalls darf man ihn unter Wasser drücken, die Nahrungszufuhr einstellen, Zuneigung entziehen oder ihm sein Hobby „Angeln“ vorenthalten.
 

– Beschreibung

Sohnemann ist ein Mensch und auch als solcher zu behandeln. Er kann eigenständig Fühlen und Denken (ggf. siehe  Abschnitt „Störungsanalyse“) und nach Aufforderung auch leichtere Tätigkeiten ausüben. Bei sachgerechter Pflege wächst und gedeiht er und kann zunehmend eigenverantwortlich handeln.

Er ist nur zum Gebrauch auf dem Planeten Erde zugelassen. Für extraterristrischen Gebrauch sind spezielle Zusatzausbildungen nötig (beispielsweise Studium der Luft- und Raumfahrt).

 
– Angaben zur Montage

Sohnemann wird unverpackt geliefert. Vollständig betriebsfähig ist er rein rechtlich jedoch erst nach Vollendung des 18. Lebensjahres.

 
– Anlagenbetrieb

Serienmäßig erfolgt die Inbetriebnahme durch das Zubehörteil „Wecker“. Mit etwas Übung kann diese Funktion in den Sommermonaten auch durch den Lichteinfall ins Teenagerzimmer übernommen werden.

Außer Betrieb gesetzt werden kann er nur durch Müdigkeit und Schlafverlangen oder sachgemäße Betäubung. Hierzu wenden Sie sich bitte an einen Arzt oder Apotheker.

 
– Instandhaltung

Sohnemann benötigt regelmäßige und abwechslungsreiche Mahlzeiten.  Sehr positiv haben sich hier die Gaben von Dürüm Döner, Mezzo Mix und Ben&Jerrys Eis erwiesen.

Zwecks Aufrechterhaltung von Motivation und Lebensfreude werden regelmäßige Unternehmungen mit Familie und Freunden empfohlen.

Über Nacht wird die Aufladung des inneren Akkus mittels „Schlaf“ empfohlen. Hierfür ist das Teenagerzimmer entsprechend abzudunkeln.

Empfohlen wird die regelmäßige Wartung beim Arzt mittels Vorsorgeuntersuchungen „U1 – U9“ beziehungsweise der Vorsorgeuntersuchungen „J1 und J2“.

Unerlässlich sind auch tägliche Gaben von mindestens einem Lächeln, einer Umarmung und eines Gute-Nacht-Kusses.

 
– Störungsanalyse

Im Falle der einsetzenden Pubertät empfiehlt es sich, dass alle Beteiligten, die mit Sohnemann zu tun haben, erstmal durchatmen und die Ruhe bewahren. Das Problem löst sich meistens von selbst, wenn Sohnemann das Erwachsenenalter erreicht.

Eingeschränktes Denken lässt sich leider nur durch wiederholtes Üben, Üben und Üben erweitern. Hier hilft in der praktischen Anwendung nur Geduld.

Blockaden (üblicher Weise als „Faulheit“ bezeichnet) lassen sich hin und wieder beheben, indem man den Nutzen aufzeigt und Spaß und Freunde vermittelt. Blockaden im Bewegungsapparat hingegen lassen sich zuverlässig beim Ostheopathen ausräumen.

 
– Angaben für den Notfall

Im Notfall zunächst Sauerstoffzufuhr erhöhen, Wasser zuführen und 112 wählen. Anschließend die Erziehungsberechtigten informieren.

 
– Gewährleistung

Bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres haften Eltern für ihre Kinder.

Hersteller und Erziehungsberechtigte ist

Martinacarmenluise

Straße + Ort

 

 

 

Ich finde, solche Bedienungsanweisungen sind im Alltag nahezu unverzichtbar für jeden Menschen. Jeder sollte eine haben. So kann man beim ersten Date gleich Bedienungsanleitungen austauschen und erlebt später keine bösen Überraschungen. Beispielsweise ist man gleich gewarnt, wenn der Verzehr von Döner zu üblen Pupsen führt und kann gleich abwägen, ob das einer glücklichen Beziehung im Weg steht – oder man selbst zum Gegenschlag ausholt und Bohnensuppe in sich reinschaufelt. Oder man kann Diskussionen schlank halten, in dem man auf seine Bedienungsanleitung verweist – „Schatz, das steht doch schon unter „Allgemeines“, dass ich ohne meine Mutter oder Tante Gertraud niemals ins Kino gehen werde – jetzt tu mal nicht so überrascht!“. Man könnte damit auch gleich festlegen. wie man reagiert, wenn der Partner den Hochzeitstag/ Geburtstag/Kennenlerntag vergisst: „Bei nachlässiger Beziehungspflege droht Entzug der körperlichen Zuwendungen bis zu einer Woche.“ Somit spart man sich auch Grübeleien und Taktiken darüber, wie man diese Nachlässigkeit des Gegenübers denn nun trefflich strafen könnte. Einfach nachschlagen und gut.

Für mich brauche ich dringend eine eigene Bedienungsanleitung. Es gibt da noch ein paar Dinge, die sollte Lieblingskerl einfach deutlich unter die Nase gerieben bekommen… („Allergie gegen Schwiegermütter“ beispielsweise) – außerdem kann ich ihn vielleicht so ermuntern, endlich oben im Bad die Badewanne einzubauen. Mit dezenten Hinweisen im Kapital „Umgang mit Versprechen und ähnlichen Hoffnungsschimmern“

🙂

 

 

 

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Mission: Rettung der Applikation

Es war einmal vor langer, langer Zeit… also so gefühlt. Damals lief „Cars“ in den Kinos und so trug Sohnemann auch einen entsprechenden Pulli mit einem Aufdruck des sympathischen sprechenden roten Autos mit den großen Augen.

Sohnemanns Liebe zu dem Shirt fand jedoch ein jähes Ende, als die Waschmaschine ihren Job etwas zu ernst nahm und nicht nur Schmutz, sondern auch große Teile des Aufdrucks entfernte. Ai caramba!

Also habe ich in mühsamer Kleinarbeit die restlichen Klebefetzchen vom Stoff runter geknibbelt und kurzerhand Sohnemanns Namen aus Jeansresten appliziert.

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Tja… nun ist es ja so, dass bei aller Sorgfalt und sämtlichen Bemühungen das Wachstum durch nichts aufzuhalten ist. Es kam wie es kommen musste…

Nun war mir das gebastelte Shirt etwas zu schade zum wegwerfen… und bei personalisierten Sachen ist ein etwaiger Käuferkreis bei i-bay extrem eingeschränkt. Also lag das gute Stück lange Zeit einfach nur rum.

Bis mir eine gute Freundin ins Gedächtis kam:

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Also habe ich heute einfach mal losgelegt… und bei der Gelegenheit auch noch Jeansreste formerly known as Hosenbeine wiederverwertet. Die fielen im wahrsten Sinne des Wortes im Sommerurlaub ab, als ich spontan ne kurze Hose brauchte.

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Auch den Reißverschluss habe ich meiner Meinung nach ganz gut hinbekommen:

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Somit habe ich heute geupcyclet, eine Erinnerung konserviert und meine Hände sinnvoll benutzt. Zwischendurch hätte ich sie gerne dem liebreizenden Pubertier um den Hals gelegt… Hormone wirken sowas von unharmonisch auf den Familienfrieden… aber das ist eine andere Geschichte!

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Stilvoll aus dem Rahmen fallen

In nächster Zeit häufen sich hier die Feste. Heute feiert Sohnemanns Klasse den Abschied von der Grundschule, nächsten Mittwoch wird meine Mom 80, am Freitag geht eine Kollegin in Rente.

Damit man ein paar Fotos von dem Tag knipsen kann, welche für sich selbst sprechen und auch Kamerascheue vor die Linse bekommt, habe ich für die Kids eine mobile Fotowand gebastelt:

Man braucht einen alten ausgediente Rahmen; meiner beherbergte mal einen Spiegel, der leider einen Sprung hatte. Als Unterlage habe ich mich für eine Hartfaserplatte entschieden, damit man das ganze noch ohne Kraftanstrengung halten kann. Kostenpunkt für 100×120 cm um die 5,00€, die Tapeten sind übrig gebliebene Rest.

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Platte mit Tapetenkleister besteichen, mit der Tapete bekleben und gut trocknen lassen. Dann den Rahmen auflegen, anzeichnen und Mittelteil mit der Stichsäge ausschneiden. Kraftkleber großzügig auf der Rahmenrückseite auftragen, Rahmen auf die Vorderseite platzieren und beschweren (ein Tisch bietet sich hier an). Sicherheitshalber habe ich von hinten noch 4 kleine Schräubchen durch Hartfaserplatte und Rahmen gejagt.

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Dann die Frontseite noch passend dekorieren: ich habe mich für eine Wimpelkette mit Jahreszahl entschieden- dass passt als Grundlage schon mal ganzjährig 😉
Dazu kam noch das Logo der Schule, das Ortswappen, Datum und die Klasse. Je nach Anlass kann man hier kreativ loslegen!

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Beispielhaft guckt jetzt mal ein Sofakissen durch den Rahmen. Und Kalle demonstriert, dass man sich auch super vor dem Rahmen in Szene setzen kann.

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Aufreger Nummer 1

Obacht – Achtung – Attention – ich muss mir mal wieder was von der Leber schreiben –

In letzter Zeit häufen sich wieder die Aufreger, die mich teilweise nächtelang beschäftigen. Teilweise muss ich ein wenig ausholen, damit man die ganze Tragweite erkennt.

*Lufthol*

Aufreger Nummer 1:

Sohnemanns Grundschule ist eine Inklusionsschule, d.h. in seiner Klasse sind Kinder mit Lerneinschränkungen und besonderen Bedürfnissen. Die Klassenlehrerin ist Sonderpädagogin und besitzt darüber hinaus auch noch einen gesunden Menschenverstand. Die Rahmenbedingungen stimmen also. Bis auf ein paar mehr Wiederholungen und hin und wieder ein paar Pausen, wo vielleicht gegenüber herkömmlichen Klassen etwas mehr Zeit für tiefergehende Erklärungen für einzelner Schüler benötigt wird, ist auch kein gravierender Unterschied zu herkömmlichen Klassen zu bemerken. Und ich bin wirklich für ein normales Miteinander, ohne dass Kinder mit Problemen ausgesondert werden und an Sonderschulen unterrichtet werden.
Heutzutage gibt es eine Vielzahl von anerkannten Störungen, so dass man nicht mehr von Behinderungen sprechen kann. Im Alltag sehen sich die Betroffenen und ihre Angehörigen aber immer noch Anfeindungen gegenüber und als Reaktion darauf, wird auch die Umwelt übertrieben sensibel und es muss alles nett weichgespült formuliert werden, politisch korrekt, nichts darf den Anschein erwecken, etwas abzuwerten oder zu verniedlichen. Es ist eine Gradwanderung… und damit man sich nicht so viele Gedanken machen muss, werden Fremdwörter oder Abkürzungen verwendet, die ein Neuling auf diesem Gebiet eh nicht versteht. Meine Mutter wüsste beispielsweise nicht, was Dyskalkulie oder ADHS bedeutet… oder wo der Unterschied zu ADS liegt. Alles gar nicht weiter schlimm – für mich gib es eh keine Perfektion im Individuum und jeder Jeck spinnt anders… Ich will damit nur klar sagen, dass ich sehr für Integration bzw. Inclusion (was noch weiter geht, aber nicht so klingt) bin und es für normal erachte, dass alle Menschen gleich sind und auch gleich behandelt werden sollten. Was allerdings noch gleicher ist: Eltern von Kindern mit Spezialeffekten sind was ganz Besonderes.

In diesem Fall ist sogar der Sproß ultra-besonders. Das Mädchen ist bereits an einer Waldorfschule nicht klar gekommen und traf in Klasse 3 zu den anderen. Und Kinder haben teilweise noch sehr rudimentäre Instinkte, wie die Wilden riechen sie das verwundbarste Tierchen unter sich (Menschenrechte hin oder her!) und… was soll ich sagen… leider gibt es be dem Mädchen auch viel Angriffsfläche. So reagieren die meisten Lebewesen recht unangenehm darauf, wenn sie lange, intensiv und mit bösen Blicken angestarrt. Das hat Mutter Natur so programmiert und sich auch was bei gedacht; denn normaler Weise folgt dem fiesen Anstarren ein Sprung an die Kehle oder ähnliches. Hier natürlich nicht: das Mädchen sieht einfach schlecht, trägt aber keine Brille, weil das das Outfit negativ beeinflusst, und guckt deswegen so seltsam drein. Außerdem ist das ihre Art, Kontakt zu ihren Mitschülern herzustellen und meistens möchte sie nur Freunde finden. Sie ist nämlich nicht in der Lage, in den Gesichtern Stimmungen abzulesen und kann daher nicht darauf reagieren, wenn einer die Verteidigungsposition einnimmt oder sauer wird oder oder.

Jetzt könnte man meinen, es wäre vielleicht möglich, dass man ihr beibringt: wenn Du Kontakt möchtest, probiere es mal mit freundlich Lächeln und Reden. Nein! *Ironie an* Das ist der völlig falsche Weg und das arme Mädchen an der Schwelle zum Teenager-Dasein könnte dadurch leiden *Ironie off*. Stattdessen erhält die ganze Klasse ständig ein Teaching zum Umgang mit ihr. So wurde besprochen, doch nach Möglichkeit ihr Starren zu ignorieren oder sie durch Zeichen darauf aufmerksam zu machen, dass man nicht angestarrt werden möchte und sie sich wieder Richtung Tafel umdrehen soll. Auf der Klassenfahrt wurde ihr ein ganzer Tag gewidmet, bei dem Erlebnispädagogen auf vielfältige Weise allen vermittelt haben: „sie ist einfach anders, aber dadurch auch nicht besser oder schlechter“. Oder der Vater übernimmt eine Unterrichtsstunde und erklärt den Kindern den Umgang mit seiner Tochter. Oder es ist Thema im Morgenkreis, im Klassenrat und bei persönlichen Gesprächen zwischen Lehrerin, Eltern, Kindern.

Wenn das alles nicht fruchtet und die Mitschüler sich weiterhin verhalten wie ganz normale Kinder, dann tritt die Mutter auf den Plan. Diese ruft dann bei den Erziehungsberechtigten des Mitschülers an, hält diesen das Fehlverhalten des Nachwuchses vor  und scheut sich auch nicht, Drohungen auszusprechen.

So ist es uns im letzten Jahr  auch ergangen. Sohnemann hat sich erdreistet, diese Spezialmitschülerin anzusprechen, was genau eine Waldorfschule ist. Echtes Interesse wurde ihm abgesprochen; er hätte sogar „Waldschule“ statt „Waldorfschule“ gesagt und damit ist klar erkennbar, dass er sie nur verarschen wollte (ja, Kinder machen sowas. Na und?). Außerdem hätte er blöde Bilder von ihr gezeichnet und rumgezeigt (und…?), das Licht im Klassenzimmer gelöscht, obwohl sie sich noch im Raum befand (ach; bei uns lässt er immer das Licht brennen) und sie anschließend dort eingesperrt (habe gehört, dass Kinder hin und wieder sowas machen) und ihr nicht charmante Sachen hinterhergeschrieen (aha).

Dass er sich nach der Waldorfschule erkundigte wusste ich bereits, das hatte er mir schon vorher erzählt, weil eine Freundin von mir (huhu Puja!) auch diese Schulform besuchte und Dominik wissen wollte, ob man da tatsächlich seinen Namen tanzt. Oder ob man da noch mehr lernt. Ich konnte ihm die Frage nicht spontan beantworten, also begab er sich auf Feldforschung. Und das aus echtem Interesse hinaus zu fragen, finde ich eigentlich ganz inklusionskonform. Aber meine Argumentation wurde einfach weggewischt – er hat sie damit ärgern wollen, basta, und jetzt muss er dafür büßen. Zu den anderen Vorwürfen konnte ich nichts sagen, das war aber auch egal, denn mir wurde versprochen, dass meinem Sohn das Leben bis zum Abschluss der 6. Klasse von ihr schwer gemacht wird, wenn Sohnemann ihre Tochter je wieder anspricht, anschaut oder nur an sie denkt.

Wie sollen sich so Kinder in eine Klasse integrieren? Und warum sucht sie immer Kontakt, die Mutter sagt mir aber: „sie ist nicht in der Schule, um Freunde zu finden!“. Schade.

Jedenfalls konnte ich danach herausfinden: die Bilder hat ein anderer Mitschüler gezeichnet. Das Hinterherschreien war noch ein anderer Junge. Das Licht löschen und Klassentür schließen war mein Spross. Weil er sie übersehen hat. Die Tür hat er auch nicht abgeschlossen oder versperrt, das hat der bildermalende Junge wieder übernommen. Aber ist ja egal – erstmal pauschal die Eltern durch den Telefonhörer ziehen und sich anschließend noch nicht mal entschuldigen für all die verbalen Attacken, die auch in einigen Teilen den Falschen trafen.

Das war jetzt erstmal Vorgeschichte:

Diese Mutter betreibt bei uns eine Praxis und hat im letzten Jahr bei einer Elternversammlung ihre Praxisräume angeboten, damit die Kinder dort zusammen ein Abschlussfest inclusive Grillabend und Übernachten abhalten können. Die Räume seien pflegeleicht, man solle nur die Schuhe ausziehen, ansonsten wäre das Gebäude ideal und bietet genügend Räume zum Feiern und Schlafen.

Als ich nach der Telefonischen Hinrichtung meines Sohnes auch so das eine oder andere Gespräch mit der Klassenlehrerin führte, habe ich ihr gleich gesagt, dass daran was faul ist. Aus purer Nächstenliebe kommt dieses Angebot nicht und irgendwas Niederträchtiges stecke dahinter… sie hat schließlich das Hausrecht und könne faktisch einige Kinder von der Feier ausschließen, andersrum aber garantieren, dass ihre Tochter auf jeden Fall mit dabei ist. Da wurde bei mir vermutet, ich sähe zu viele komische Filme.

Und nun? Na, es kam, wie es kommen musste: der malerisch begabte Junge, der auch famos Türen versperren kann, hat dem Mädchen einen Tafelschwamm ins Gesicht geworfen. Ja, dieses stinkende Teil. Alles andere als lecker, aber jetzt auch nichts, was eine immense Verletzungsgefahr birgt. Und einige Kinder haben ihr signalisiert: „dreh Dich um, starr mich nicht an, ich möchte das nicht!“. So, wie sie es gelernt haben. Doch plötzlich wurde die Geste mit der Hand als abwertend, herablassen und feindlich gewertet.

Ende von der Geschichte: die Mutter zog ihre großherzige Einladung in ihre Praxis zurück. Und so standen alle Kinder zwei Wochen vor ihrer Abschlussfeier ohne Location da.

Dankeschön. Der blinde Racheakt ist gelungen.

Zum Glück konnte sich die Schulleitung durchringen und die Mensa der Schule zur Verfügung stellen. Jetzt können alle Kinder gemeinsam feiern und dort übernachten – bis auf eine. Die muss alleine mit ihrer Familie feiern, weil Mama das so will. Sie würde zwar lieber mit ihren Mitschülern Party machen, aber wen interessiert hier schon das Wohl eines einzelnen Kindes?

Sooo, das soll für heute mal genügen. Daraus könnte gut eine Fortsetzungsgeschichte werden!

Ansonsten haben wir bereits einen Elternabend an Sohnemanns Oberschule hinter uns gebracht – der war ziemlich allgemein gehalten, fand in der Mensa statt und hatte geladene Gäste für rund 100 Schüler in 4 Klassen. Da ging es nur um Grundsätzliches und es wurden KEINE Elternvertreter gesucht *puuuh*. Beim anschließenden „Aufnahmegespräch“, bei dem ich Sohnemann glücklicher Weise NICHT einliefern musste, wurden ihm und uns Fragen gestellt, um ihn der richtigen Klasse zuzusortieren, wie „Naturwissenschaften oder 2. Fremdsprache?“ – Französisch – „Integrationsklasse oder nicht?“ – dieses Mal bitte nicht –  oder „mit wem möchtest Du unbedingt in eine Klasse und mit wem gar nicht?“. Das Feld auf dem Elternfragebogen, dass die Bereitschaft für die Wahl zu Elternvertreter abfragte, habe ich tatsächlich vergessen auszufüllen und habe dem Impuls widerstanden, es noch zu ergänzen *nochmalpuuh*

 

post-milestone-200-2x

Dies ist übrigens mein 200. Blogeintrag. Und ich werfe jetzt ein bisschen Konfetti.

Wer also noch mehr lesen möchte… findet noch 199 Beiträge im Archiv. Viel Spaß!

 

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Und wie entspannt ihr so?

Junior hat den neuen Tisch gleich mal genutzt und ein Puzzle hervorgeholt. Mittendrin habe ich etwas geholfen, dann hat er alleine weiter gemacht. Find ich gut, fördert die Konzentration und das logische Denken. Kann man immer mal gebrauchen.

Nach einer Weile hörte man aus dem Jugendzimmer… Nichts. Super. Tief ins Spiel vertieft, noch nicht mal Musik war zu hören.

Einige Zeit später kommt ein ziemlich zerknitterter Sohnemann runter ins Wohnzimmer.

„Na, wie weit bist Du mit dem Puzzle gekommen?“

„Bei einem Teil habe ich lange gesucht, wo das wohl hin gehört. Dabei muss ich eingeschlafen sein. So ungefähr 40 Minuten. Jedenfalls wurde ich wach, weil Kalle mich anstupste und maunzte. Das Puzzleteil hatte ich noch immer in der Hand und im Gesicht und am Hals klebten mir zwei weitere Puzzleteile. Lag wahrscheinlich daran, dass ich auf den Tisch gesabbert habe.“

Das nenne ich mal tiefenentspannt!

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Mutter-Kind-Kur

Ich bin mittlerweile ein ruheverwöhntes Ex-Berliner Landei und die 16-jährige freiwillige Existenz in meinem Dorf vor den Toren der großen Stadt haben ihre Spuren hinterlassen. Himmel- ist das hier laaauuut!

Die erste Woche habe ich quasi gar nicht geschlafen, weil ich mich nicht so recht an die Geräusche gewöhnen konnte. Autos auf Kopfsteinpflaster direkt vor dem Fenster, die mit 70 Sachen durch die 30er Zone brettern. Nachbarn über mir, neben mir, überall. Ich bin da echt verwöhnt.

Und natürlich Kinder in rauen Mengen. Ich Einzelkind mit meinem Einzelkind bin hier die Ausnahme. Die meisten haben 2, manche 5, eine auch 6 Kinder (die hier waren). Was bin ich privilegiert!

Alle anderen hetzen zwischen der Kita hin und her, bringen ein Kind hier hin, das andere da hin, eins auf dem Arm, eins am Bein und gestehen mir, dass es zu Hause weniger stressig ist als auf der Kur. Puh! So manch eine Mutter lässt die Entspannung sausen, um die Kinder zu schaukeln. Meiner geht selbständig hoch zur Kinderbetreuung und als ich einmal so richtig verschlief, auch alleine frühstücken.

Wirklich gleich macht uns ein Magen-Darm-Virus. Da k*tzen alle konform. Wobei auch hierbei Sohnemann sich für die effektvolle Variante entscheidet, und nachts um halb 3 vom Hochbett speit.

Kind hängt wie ein Schluck Wasser in der Kurve und zieht auf die Kloschüssel um, während Mama rettet, was noch zu retten ist. 2 Laken und ein kompletter Bettbezug plus Einziehdecke und Kopfkissen sind kontaminiert. Was nun?

Nachtschwester anrufen. Gut, die interne Durchwahl kenne ich. Die geht nicht. Ich erinnere mich, dass einige Mamas erwähnten, man müsse eine „2“ vorwählen. Klappt auch nicht. Leichte Panik kommt auf. Tatsächlich kann ich intern gar nicht telefonieren und muss mich erinnern, wie hier die Vorwahl ist und die Telefonnummer von der Rezeption und dann die letzte Null weglassen, dafür die Durchwahl anfügen. Um kurz nach halb drei! Falls noch einer Vorschläge für das Bundesverdienstkreuz braucht… *wink*

Die Nachtschwester sagt erstmal.. Nichts. „Halloooo“ frage ich zögerlich. Nichts. Dann sowas wie atmen.. Aha. „Nachtschwester XY hier“. Nicht sonderlich überraschend. „Ich befürchte, wir haben hier einen Fall von Magen-Darm“ informiere ich sie. Das scheint sie auch nicht gerade in Alarmbereitschaft zu versetzen. Also warte ich ein weiteres Lebenszeichen von ihr ab. Kommt nur leider nicht. „Was soll ich jetzt tun?“ – – – „weissichauchnich“ – – – „Aha. Wo bekomme ich jetzt frische Bettwäsche her?“ – – – „hallo?“ – – – Ich muss die Gute echt voll aus der Tiefschlafphase rausgerissen haben. „Komme ich denn jetzt noch ins Haupthaus rein, um Wäsche zu holen? Die ist nämlich nicht mehr benutzbar!“ „Es gibt einen Notfallschrank mit frischer Bettwäsche. Der ist bei der Waschmaschine.“ „Ah, gut. Gibt es da auch Kopfkissen und Decken?“ „Weiß ich nicht“ „Und wenn nicht?“ „Dann können Sie ja nochmal anrufen“ Ähm, darauf werde ich wohl verzichten. Statt Inlet beziehe ich halt die Wolldecke und stopfe den Kissenbezug mit allem voll, was an Handtüchern verfügbar ist. Sohnemann schläft jetzt unten und ich im Hochbett. Der Gedanke, was von ihm wohl übrig bleibt, falls mich das Hochbett nicht trägt, lässt mich wieder wach bleiben.

Am nächsten Tag ist für Sohnemann Bettruhe angesagt. Er schließt die Jalousien, schaltet den Fernseher aus und schläft bis 17:00. Dann ist der Spuk vorbei und er wieder genesen.

Familien mit mehreren Kindern trifft es teilweise so zeitversetzt, dass sie fast ne Woche out of Order sind. Gerade, wenn der Nachwuchs sich nicht an die Bettruhe halten kann oder auch die Mutter spuckt. Ich versäume nur einmal Qi Gong und bin nicht sonderlich betrübt darüber.

Überhaupt: in mir wohnt ein fremdes Wesen, was mir nach 2 Tagen Kur zuraunt: „Heute gab es viel zu wenig Sport im Programm! Ich will noch mal raus zum Nordic Walking!“ Leicht erschrocken gebe ich nach und walke noch ne Stunde um den See. Im strömenden Regen. Doch das Sportwesen ist höchst zufrieden und nimmt es gelassen hin, dass die Regenjacke den Regen nicht abhält, dafür aber ungefähr einen Liter in den Ärmeln speichert. Ich stelle die Stöcker beiseite und aus den Ärmeln rinnt ein mittlerer Sturzbach. Egal.

Ich mach hier alles mit. Kneipp-Güsse, Aroha, Yoga, Wassergymnastik und Aquajogging. Ich besuche Gesprächsgruppen, lasse mich berieseln zum Thema „Familienkommunikation“, „Grenzen setzen“ und „mein Kind und ich“. Hoooray! So viel falsch mache ich gar nicht! Nur „Geschwisterrivalität“ lasse ich aus bekannten Gründen ausfallen. Ich lasse mich in Sole baden, in Moor packen, mache relaxative Muskelentspannung und Wirbelsäulengymnastik, selbst beim Aerobik nehme ich teil und befürchte, ich bin die Einzige, die sich an Jane Fonda erinnert.

Echt jetzt! Ich bin hier die Älteste. Selbst meine Tischnachbarin mit 5 Kindern ist jünger als ich, obwohl ihr Ältester fast doppelt so alt ist wie meiner. Dafür tragen beide Jungs den gleichen Namen… Mir ist ein wenig unheimlich zumute.

Gerade sitze ich am See, Sohnemann springt abwechselnd ins kühle Nass oder angelt. Ich stelle mir Entsetzen fest, dass schon 2 (zwei!) Wochen vergangen sind. Na, dann… Nehme ich all meinen Mut zusammen und geh auch eine Runde im See schwimmen. Mit Temperaturen um die 20 Grad. Das erste Mal seit Jahren! Vielen Dank Herr Kneipp. Ihre Güsse bringen echt was.

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