Heimat
Was ist überhaupt Heimat?
Wikipedia wurde zu Rate gezogen und ganz einfach ist Heimat eine Beziehung zwischen einem Menschen und einem Ort. Zunächst einmal nicht mehr und nicht weniger.
Welche Beziehungen kann man zu Orten haben? Welche Orte können wichtig sein? Dort, wo man geboren wurde? Bei mir war das ein Krankenhaus in Berlin-Neukölln und ich habe noch nie bei einer Autofahrt durch Berlin-Neukölln ein heimeliges Gefühl verspürt, welches mir sagte: „Ah, Wurzeln! Hier kommst Du her, hier hat Dein Leben den Ursprung.“ Neukölln bedeutete eine Zeit lang, lieber mal das Knöpfchen von der Türverriegelung runter zu drücken und schnell wieder raus zu fahren. Mittlerweile ist Neukölln jedoch der Ort, wo ich keinen Parkplatz mehr suchen möchte.
Berlin-Neukölln war auch der Ort, an dem ich die ersten 3 Jahre meines Lebens verbrachte. Und dann noch mal 2 Jahre von 24 bis 26. In der Wohnung meines damaligen Freundes. Die Wohnung, wo auch seine Eltern einmal wohnten, in der der Opa jahrelang gepflegt wurde und dann verstarb. In der meine Vorgängerin ein und aus ging – übrigens auch zu Zeiten, in denen ich dort schon lebte. Sie ließ keine Gelegenheit aus um mir zu zeigen, dass sie die älteren Rechte hatte.
War diese Wohnung trotzdem mein Zuhause? Habe ich mich dort heimisch gefühlt?
Was brauche ich eigentlich, um einen Ort mein Zuhause nennen zu können?
Was mir selbst schon aufgefallen ist: offenbar brauche ich da ganz ganz wenig. Im Urlaub nenne ich das Hotelzimmer Zuhause, sobald mir der Schlüssel überreicht wurde. Bei Freunden, wenn ich dort länger übernachte, ist es auch gleich Zuhause in meinem Sprachgebrauch. So dass ich schon immer sagte: Zuhause ist für mich da, wo das Bett steht, in dem ich schlafe. Das klappt übrigens auch, wenn das Bett eigentlich ein Schlafsack in einem Zelt oder eine Matte auf einem Schiff ist. Solange ich weiß, wo ich schlafe, weiß ich auch, wo mein Zuhause ist.
Und trotz aller Umstände war auch die Wohnung in Neukölln mein Zuhause. Der Ort, wo ich nach Feierabend hingegangen bin, an dem ich am Wochenende aufgewacht bin und wo mein Bett stand. Wo meine Katzen auf dem Fensterbrett lagen und meine Parfum-Miniatursammlung an der Wand hing.
Übrigens habe ich bei der Trennung, die völlig überstürzt und unerwartet kam, sofort meine Katzen und meine Miniaturen geschnappt und bin zu meinem Sommergrundstück geflüchtet. Dort besaß ich einen Schlüssel zu einer Hütte und darin ein Bett – mehr brauchte ich nicht, um meinem Zuhause den Rücken zu kehren und mir ein neues Zuhause zu schaffen.
Ein Zuhause-Gefühl ist nur ausgeschlossen bei Orten, zu denen ich keinen Schlüssel besitze. Gut; das Zelt ist hier eine Ausnahme. Aber wenn ich irgendwo schlafen soll, wo ich noch nie war, wo mir kein Schlüssel überlassen wird oder ich eine Anmeldebestätigung unterschreibe wie im Hotel, kann ich mich nicht fallen lassen. Da fühle ich mich als Gast.
Und dann gibt es noch ein anderes Heimatgefühl. Dieses überkommt mich regelmäßig dort, wo ich als Kind aufgewachsen bin. Dort, wo ich mich auskenne, jeden Winkel erkundet habe, jahrelang ansässig war. Das ist die Umgebung vom Elternhaus, also ein Teil von Berlin Waidmannslust sowie ein Großteil von Lübars. Dort ging ich zur Grundschule, dort wohnten alle meine Freunde von 6 – 12 Jahren. Und noch etwas länger, wenn die Freundschaften auch die Grundschulzeit überdauerten.
Und es gibt ein diffuses Heimatgefühl in Ostpreußen – dort spüre ich meine Wurzeln, dort merke ich, dass meine Vorfahren den Boden berührt haben, dass dort der Ursprung liegt. Wenn ich über die Felder meines Urgroßvaters laufe und in dem See bade, in dem meine Ur-Ur-Großeltern ihre Krebse fingen, dann fühlt sich das total geerdet an und geborgen und vertraut. Erklären kann man das nicht.
Noch unerklärlicher, dass ich dieses Gefühl immer in Prag verspüre. Meine Mom führt das zwar darauf zurück, dass sie hochschwanger mit mir in Prag war, aber mir erklärt das nicht so richtig, dass ich dort eine enorme Orientierung habe und schon bei meinem ersten Besuch mit traumwandlerischer Sicherheit durch die Altstadt ging und mich nie verlief. Stattdessen fand ich Abkürzungen und kam vor meine verlorene Reisegruppe am Treffpunkt an, noch ehe diese auf geplantem Wege dort angelangten.
Andererseits kann man auch eine Bindung zu einem Ort erlangen, an denen sich geliebte Menschen aufhalten. Home ist where the Heart ist.
Was braucht ihr, um Euch Zuhause zu fühlen?