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Leute gucken

Endlich Freitag! Der Sohnemann ist  unterwegs, meine Mom geht gerade nach Hause und Lieblingskerl guckt mir tief in die Augen und fragt: „Naaaa, wollen wir was essen gehen?“

2 Minuten später stehen wir in voller Montur an der Tür und ich werfe unserem Kater noch schnell ein paar Leckerlis hin, damit er uns nicht wieder bis zur nächsten große Straße folgt und wir umdrehen müssen, weil wir befürchten, er könnte sonst unter die Räder kommt. Dann schnell los Richtung Asiarestaurant.

„Haben Sie reserviert?“ Ähhhh… nee. Aber der freundliche junge Mann mit den vielen Tattoos an Armen und Nacken räumt ein Schildchen vom Tisch und lässt uns Platz nehmen. Mit den nächsten 3 Pärchen verhält es sich genau so. Nur die Familie muss warten, bis ein 4er Tisch frei wird. Echt was los hier!

Ich meine, eine Frau an einem der hinteren Tische wieder zu erkennen und versuche, Lieblingskerl mit vielen Worten zu beschreiben, dass das doch die Mutter von einer Klassenkameradin aus Sohnemanns Grundschuke ist. Die hübsche mit den Grübchen und dem umwerfenden Lächeln usw., doch er guckt nur verständnislos. Ich nenne Namen, Nachnamen, beschreibe, wo sie wohnt. „Der Stiefvater von dem Mädchen fuhr den alten Defender!“ fällt mir noch ein und sofort erhellt sich die Miene meines Gegenübers.  Ja, Autos merkt er sich wie kein anderer, aber mit Namen hat er es nicht so.

Die Tür geht auf und eine Frau holt eine Bestellung ab. Kommt mir auch irgendwie bekannt vor. Noch aus Zeiten, wo unsere Kinder noch bei der Tagesmutter waren.  Ist sicherlich 15 Jahre und genau so viele Kilos her. Sie scheint mich nicht zu erkennen. Auch gut, mit Smalltalk beim Essen habe ich es nicht so.

Gestern wurde ich von einem Kollegen erkannt. Ich ging durch ein Gebäude und er sah mich nur von hinten und rief  „Mensch, anhand der Haare muss das doch die Frau W. sein, die da vor mir läuft“. Das fand ich sehr amüsant! Und war höchst erfreut, dass er mich nicht am dicken Po oder am Humpel erkannt hat.

Ebenfalls gestern erkenne ich in einem Shoppingcenter eine Mama/ Kindergärtnerin (sie war sowohl als auch) aus unserer Kita. Sie guckt rüber und winkt, als hätten wir uns erst vor kurzem gesehen, obwohl das mindestens 12 Jahre her ist. Schön, wenn man sich in so vielen Jahren dann doch nicht so krass verändert und noch aussieht wie man selbst.

Hach, schon lustig.

Morgen Einkaufen im Havelpark und wieder Leute gucken?

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Fast ein Fahrrad im Fakeshop gekauft

Ich werde alt. Früher fand ich Partnerlook total spießig und lächerlich, doch plötzlich wollte ich ein Fahrrad pasend zu dem vom Lieblingskerl. Schieben wir es auf das Alter.

Lieblingskerl hat sich vor 2 Jahren sein erstes eigenes Fahrrad gekauft. Davor fuhr er das aussortierte seines Vaters, aber damit war er bei Radtouren immer der letzte und jammerte nach wenigen Kilometern wie ein verzogenes Muttersöhnchen (sorry Schatz!).

Mein Rad war zu diesem Zeitpunkt zwar uralt und fuhr mit mir schon zur Schule, aber es war trotzdem schnell und zuverlässig. Bis sich der Sohnemanm öfters mein Rad ausbirgen musste, weil ihm schon 3 oder 4 Räder geklaut wurden. Seit dem ging es bergab mit der Fitness meines Drahtesels, erst eine leicht nach innen gebogene Tretkurbel (oder wie die Dinger heißen, an denen die Pedale geschraubt sind), dann ne leichte Acht im Vorderrad und schlussendlich ein Bremszug, der immer aus der Bremse raushüpfte. Da wollte ich dann doch mal was Neues.

Zuerst liebäugelte ich mit einem klappbaren Fatbike mit E-Antrieb, wollte allerdings dem Lieblingskerl nicht winkend davonbrausen und bei der nächsten Pause lächelnd fragen, warum er so nach Luft japst, das fand ich irgendwie unfair, aber auch lustig. Hihi.

Und dann kam da die fixe Idee mit dem Partnerlook. Also habe ich das Internet befragt. Das warf mit das aktuelle Modell aus in den Trendfarben mattgrau und feuerrot. Ähm. Neee! Rot ist einfach nicht meine Farbe und mattgrau eher für GI Joe oder für nen Harleyfahrer. Aber das Vorjahresmodell ist in schwarz und einem sehr schönen hellblauen Metallicton erhältlich. Ohhh, das gefällt mir. Das Rad vom Lieblingskerl ist übrigens Petrolblau. Wie überaus harmonisch wäre das denn? Außerdem kostet das 2021er Modell gut 150 Euro weniger als das aktuelle. So gefällt mir das.

Los geht’s! Laden 1 hat nur das Bild drin, lieferbar ist das Rad nicht. Bei Laden 2 ist es genau so teuer wie die 2022er Baureihe. Nö, so nicht! Laden 3 hat es zu einem nochmal günstigeren Preis. Supi! Aber irgendwas fühlte sich da komisch an. Der Laden sagte mir nix. Irgendwann verlor ich die Lust und habe das Vorhaben erstmal auf den nächsten Abend vertagt.

Und dann fand ich den günstigsten Anbieter nicht mehr. Nur der Name war irgendwas Lautmalerisches… Wrooom oder so… da fand ich aber nur Kinderfahrräder. Also weiter gegooglet…. dabei fand ich noch eine Seite, bei der lokale Händler ihre Ware feilbieten konnten. Ein hellblaues Rad stand in Bremerhaven, eines in Castrop-Rauxel und noch irgendwo am Arsch der Heide. Aber egal, ich habe sie alle nacheinander angerufen. Von der Nordseeküste erfuhr ich, dass das Rad seit gestern reserviert war. Das Ruhrgebiet bestand auf persönliche Abholung, ich auf Versand, so wurde daraus auch nichts. Beim dritten war das Rad dann plötzlich weg.

Also habe ich es dann doch beim teuersten Händler bestellt. Sogar die extra Versandkosten von 50 Euro habe ich fluchend akzeptiert. Und auch gleich per Paypal bezahlt. Am nächsten Morgen kam dann der Anruf. Es gäbe einen Fehlbestand. Aha?! So nennt man also Fehler auf Neudeutsch. Das hellblaue wäre schon weg. Ob ich auch das Schwarze nehmen würde…? Och nee danke, das bekomme ich überall zu einem wesentlich hesseren Preis. Na gut, dann wird die ganze Bestellung storniert und ich erhalte das Geld zurück. Das klappte auch.

Jetzt blieb mir nur noch der eine Laden, den ich erst auf einer Seite „weiter hinten“ in der Suchmaschine wiederfand. Na siehste; keine Versandkosten und gut 300 Euro günstiger als der teure Laden. Da hätte ich schon was merken können…

Also erstmal beim Newsletter anmelden, um noch 10 Euro Neukundenrabatt mitzunehmen. E-Mail kam auch, aber ein Gutscheincode war nicht dabei. Merkwürdig, aber vielleicht kommt da noch später eine Extra-Mail. Tat es aber nicht.

Dann hing ich bei der Kreditkartenzahlung. Irgenwie klappte es nicht mit der Bezahlung: es wurde immer ein merwürdiger Fehlercode angegeben. Aber da ich kurz zuvor mal die 3 Ziffern bei einer Bezahlung falsch abgetippt hatte, konnte ich mir den Fehler selbst erklären. Also rief ich beim Kartenunternehmen an und ließ die Karte freischalten. Trotzdem trat der Fehler bei der Kartenzahlung erneut auf. Alternativ konnte man noch per Vorkasse bezahlen…

Moooment!

Vorkasse als einzige Bezahlungsmöglichkeit…. ? Da war doch was.

Und dann siegte das Misstrauen. Also habe ich die Firma mal einer näheren Überprüfung unterzogen:

Adresse: die Straße gibt es, sieht auf Google Streetview aus wie ein Gewerbegebiet. Aber nirgendwo ein Schild mit dem Firmennamen oder Fahrradbildchen an den Gebäuden. Die Hausnummer mit dem Zusatz „A“ gibt es nicht.

Die beiden Geschäftsführer stehen in keinem Telefonbuch der Welt.

Die Umsatzsteuernummer steht in keinem Register.

Oh, das war knapp! Fast wäre ich wegen diesem Partnerlook-Spleen und ner geilen Farbe auf einen Fakeshop reingefallen!

Es lohnt sich wirklich, unbekannte Seiten näher anzusehen, ins Impressum zu schauen und spätestens bei einziger Zahlungsart Vorkasse bzw. Sofortüberweisung stutzig zu werden. Fehlende Bewertungen sind ebenfalls ein Warnsignal!

Dann war ich noch etwas auf Fakeshopjagd und habe noch einen zweiten gefunden, anschließend beide bei einem Verbraucherschutzportal gemeldet. Bei der Gelegenheit habe ich auch Listen gefunden, in denen Fakeshops notiert sind. Leute, die Liste hörte gar nicht mehr auf! Sobald die Dinger auffliegen, basteln die Typen flugs ne neue Seite.

Also: Augen auf beim Onlineshopping, auch wenn das Angebot noch so verlockend und die Farbe soooo schön ist.

Mein Rad ist jetzt übrigens mattgrau und ich sehr glücklich.

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Das Fahrrad-Ding

Statt Konfirmation oder Jugendweihe gab es für Sohnemann im entsprechenden Alter nach meinem höchst eigenen Gleichbehandlungsgrundsatz ein Fahrrad als Geschenk zum Ausgleich für alle nicht erhaltenen Geschenke mangels Glauben oder Ideologie. Kann er ja auch nichts dafür, dass ich mit beidem nichts anfangen kann und er das von mir geerbt hat.

Da das Rad schon was „Gutes“ war, gab es dazu noch ein ebenfalls hochwertiges Fahrradschloss. Und was man da halt noch so ranbammeln kann, eine stylische Klingel und ein schickes Beleuchtungsset beispielsweise.

Da Sohnemann aber auch leicht verpeilt unterwegs ist und Dinge lieber intensiv benutzt statt sie zu schonen, wurden Klingel, Beleuchtung, Mäntel, Schläuche, Griffe, Pedalen und das Tretlager bereits erneuert. Mehrfach.

Mein Fahrrad, mit dem ich Ende der 80er noch zur Schule fuhr, ist immer noch tippitoppi, aber wir teilen ja auch nur 50% der Gene!

Das Tretlager gab es natürlich nicht mehr genau so im Handel, die Vielzahl an Tretlagern im Netz hat uns schlichtweg überfordert und nach einem Internet-Fehlkauf hat der hiesige Fahradschrauber irgendwas Passendes da reingefrickelt. Im Ergebnis fiel nach 2 Stunden Betrieb immer eine Pedale ab. Nicht schön, aber so ist das mit den günstigen Ersatzteilen! Hätte er doch mal das Rad geschont und nicht immer Stunts auf dem Hinterrad vollführt, bei meinem Rad hat sich in seinen über 30 Jahren schließlich auch noch nichts am Tretlager abgenutzt *mecker*. Ich fand den erzieherischen Aspekt dieser Fehlfunktion eigentlich ganz entzückend 😁.

Es begab sich aber zu der (Corona-)Zeit, als sich alle Freunde nur noch draußen am Kanal oder am See trafen, dass dort ganze Horden Outdoorpartys feierten. Und Sohnemann sich dachte, ach, das Fahrrad nehme ich Mal nicht mit in die Menschenmenge, sondern lasse es Mal lieber an der Straßenecke. Selbstverständlich ordnungsgemäß angekettet am Level-9-Faltschloss. Als er zurūck kam, war es weg.

Und damit die liebe Frau Mama nicht gleich völlig ausklinkt, hat er die Polizei angerufen und eine Anzeige erstattet, damit er mir beweisen kann, dass das Rad tatsächlich geklaut wurde und er sich gekümmert hat. Als er dann um halb 3 zu Fuß daheim angeschlichen kam und über den Diebstahl des Rades berichtete (ich war gerade im Netflix-Serienrausch…) und zum Schluss noch anmerkte, die hinzugezogenen Gesetzeshüter hätten ihm unterstellt, dass er vermutlich eh nur einen Versicherungsbetrug vor hatte, fand ich, das war schon Strafe genug.

Ein Tag später kam der Spezialkleber daheim an, mit dem wir die Schraube der Pedale festkleben wollten. Da war der Schmerz über den Verlust maximal.

Fortan fuhr Sohnemann dann Bus. Oder lieh sich mein völlig funktionstüchtiges Oldtimerrad. Es hat jetzt übrigens eine leichte 8 im Vorderrad *grummel*.

Sohnemann hat sein abgängiges Fahrrad sehr vermisst und erhoffte sich sachdienliche Hinweise aus dem Partyvolk vom See und postete ein altes Bild von dem Rad. Einige Freunde teilten den Beitrag und dann dauerte es nur noch einige Stunden, da erhielt er eine Nachricht: Fahrrad wurde gesichtet! Es steht im nächsten Ort beim Griechen!!!

Dann ging es holterdipolter: Sohn mit Oma zum Griechen, entdeckt sein Rad hinter der Hausecke, sagt der Polizei bescheid, dass er sein gestohlenes Fahrrad gerade gefunden hat, informiert fernmündlich seine Mama, Mama durchforstet mittlerweile den dicken Ordner nach der Rechnung vom Fahrrad, Oma holt Mama plus Rechnung ab, dann gemeinsam zum Griechen, beweisen, dass wir rechtmäßige Besitzer des ramponierten Fahrrades ohne Pedal sind. Die Cops beäugen kritisch den Kaufbeleg und so dürfen wir unter den strengen Augen der Gesetzeshüter hochoffiziell den Drahtesel zurück erobern! Tschakka!

Und jetzt nochmal ausführlich: irgend so ein Partytourist aus der nächsten Stadt feiert bei uns am Wasser. Auf dem Rückweg denkt er ganz pragmatisch und nimmt statt Taxi (Bus fährt um die Zeit ja keiner mehr) das optisch vernünftigste Fahrrad aus dem geparkten Exemplaren. Wie er das Schloss knackt ist nicht bekannt, das fehlt gänzlich. Also radelt er heimwärts. Beim Griechen fällt die Pedale ab. Also fummelt er ein bisschen daran rum, reißt dann vor Frust die Klingel und die Beleuchtung ab und schmeißt hin. Holt sich am Zigarettenautomaten Kippen und setzt sich zu ein paar Nachtgestalten an die Bushaltestelle gegenüber vom Griechen. Gemeinsam wird eine geraucht und der Typ offeriert ein Fahrrad zum Verkauf. Nur leichte Gebrauchsspuren. Da die Nachtgestalten jedoch alle ums Eck wohnen, braucht gerade keiner ein ramponiertes Rad. Der Typ bestellt sich nun doch ein Uber und verschwindet.

Als einer der nächtlichen Bushaltestellenraucher dann so durch die sozialen Kanäle auf seinem Handy scrollt, kommt ihm ein Fahrrad recht bekannt vor und teilt der Community mit, dass das Teil beim Griechen steht. Der hatte morgens ein Fahrrad am Zigarettenautomaten gefunden und zusammen mit der abgefallenen Pedale und der zerbrochenen Kurbel erstmal hinterm Haus verwahrt.

Der Tippgeber geht übrigens auf die gleiche Schule wie Sohnemann, Parallelklasse. Wir loben anschließend noch einen Finderlohn aus.

Tja, und so begab es sich, dass das gestohlene Fahrrad wieder zu seinem Besitzer zurück fand.

Es würden dann nur noch ein paar Kleinigkeiten erworben, um das Gefährt zu komplettieren:

Kurbelarm
Kurbelschraube
Klingel
LED-Beleuchtungsset
Faltschloss Level 10

Insgesamt hat der Spaß 150 Euro gekostet. Und einiges an Zeit, recht viele Nerven und das Vertrauen hat auch ganz schön gelitten.

Aber hej, dafür hat sich ein Typ schätzungsweise 10 Euro für ein Taxi gespart und sich nebenbei noch etwas bewegt und nette Leute an der Bushaltestelle kennen gelernt.

Gestern kam der Brief, dass das Verfahren gegen Unbekannt eingestellt wurde. Obwohl man theoretisch bei Uber hätte nachfragen können, aber bei Diebstahl wird so ein immenser Aufwand ja nicht betrieben.

4

Nachhaltigkeit muss man auch wollen

Hin und wieder probiere ich die Welt zu retten. Es sind meist nur Kleinigkeiten, aber irgendwo muss man ja anfangen. Also habe ich mir unter Anderem vorgenommen, unsere ortsansässige Gastronomie tatkräftig zu unterstützen. Stichwort: Essen bestellen. Kann ja nicht Präsenzspachteln. So war ich hoch erfreut, die Dorflokalität in meiner bevorzugten Futterapp anzutreffen und nahezu entzückt, dass man da ganz automatisch an einem Prämienprogramm teil nimmt. Denn fast so schön wie Welt retten ist Punkte sammeln. Als ich mich da so durch die tolle Prämienwelt scrolle, fällt mir ein Angebot ganz besonders ins Auge: Bienenwachstücher. BIENENWACHSTÜCHER!!! Der heiße Scheixx unter der Sonne. „Unser blauer Heimatplanet wird garantiert durch Bienenwachstücher gerettet“ schießt es mir durch den Kopf und äußerst angetan trenne ich mich vom Großteil der erfutterten Punkte und lege einen Gutschein für 10% Rabatt in den Warenkorb. Und da es noch einen weiteren Gutschein über Gratis Zahnputztabs für die selbe Seite gibt, landet auch dieser im Warenkorb. Zähne putzen gerät ja nie aus der Mode. Und ich denke nun mal praktisch.

Soweit, so gut. Auf der Bienenwebsite gibt es Bienenwachstücher zu Preisen, bei denen man vorher seinen Sparvertrag auflösen, den Dispo voll ausschöpfen und den logischen Menschenverstand ausschalten muss. Aber wir haben Corona, mir ist langweilig und die Logik muss man eh in den Skat drücken, wenn man seinem 17-jährigen Sohn erklärt, welche Regeln er aktuell gerade einhalten muss, um sich draußen ein Eis zu kaufen. Immerhin habe ich einen Gutschein und der Rest von meinem Verstand gebietet mir, dass ich alles nur menschenmögliche tun muss, um diesen einzulösen. Einfach verfallen lassen…. *nachluftschnapp* nein! Außerdem spart man sich die horrend hohen Versandkosten, wenn man Bienenwachstücher im Wert eines Gebrauchtfahrzeuges kauft. Na, das bekomme ich doch hin! Es wandert eine Familienpackung Bienenwachstücher, bei denen ich mir zwar nicht aussuchen kann, welches Muster sie ziert, aber was will man auch erwarten, wenn man einen Gutschein hat, sowie eine Packung mit Zahnputztabs in den Warenkorb. Gut, für die habe ich zwar ebenfalls einen Gutschein, aber ich putze häufiger Zähne als dass ich Lebensmittel in Bienenwachstücher wickele. Nun habe ich endlich den notwendigen Betrag beisammen, um mir die Versandkosten zu sparen. Prima, laut Übersicht hat es geklappt, bei Versandkosten steht 0,00$. Ja, Dollar. Bienenwachstücher sind soooo international. Okay, jetzt nur noch die Gutscheine eingeben, jawoll, weitere Zahnputztabs für 0,00$ sind nun zu sehen, weiter geht’s mit Paypal, ….., Moment….., was ist denn das da für ein Betrag????? Jaaaaa, wenn man den Rabattgutschein einlöst, rutscht man ganz automatisch unter den Mindestbestellwert, bei dem der Versand gratis ist.

Nachdem mein Brüllanfall abgeebbt ist, gucke ich mir noch mal in Ruhe die Bestellbestätigung an. Ja klar, nun habe ich zwar 10% gespart, die berechneten Versandkosten sind aber höher als die Ersparnis.

Ich tobe noch ein Weilchen vor mich hin, kann mich dann aber beruhigen, denn schließlich geht es um nichts Geringeres als die Rettung unseres Planeten. Und diese tolle One-Klick-Bezahlfunktion hat mir doch wieder eine Minute mehr Lebenszeit geschenkt. Eigentlich sollte ich glücklich sein. Ich gehe mit der Überzeugung ins Bett, ein unglaublich toller Mensch zu sein.

Die Wochen ziehen ins Land und ich sonne mich noch etwas im Glanz der Vorstellung, was ich alles mit Bienenwachstüchern an Alufolie und Plastikfolie künftig einsparen kann und benutze so lange einfach weiter mein Geschirr mit den dazu passenden Deckeln, die Tupperdosen oder meine Silikonhauben. Irgendwas wird sich schon finden, was sich nach heutigen Maßstäben nichts bereits famos abfallfrei abdecken lässt.

An einem trüben Herbsttag wandern meine müden Augen über meinen E-Mail Posteingang und stolpern über Spam… tzzz… da versucht mir doch einer Vorzugaukeln, er wäre das Hauptzollamt… hahaaaa… ich bin doch nicht blöd…..

Langsam und im Hintergrund erkämpft sich mein Verstand durch die imaginäre Abdeckung-vermutlich bienenwachsbeschichtet- empor zum Licht. Was ist eigentlich aus meiner Bienenwachstuchbestellung geworden? Wurde der Versand nicht unlängst bestätigt? Au weia, wo kommen die Dinger eigentlich her?

Nun, da keine Gutscheine mehr das Gehirn blockieren, schaue ich mir ganz vorsichtig und mit Bedacht die Mail vom Zoll genauer an und vermeide, irgendwelche Links zu klicken. Und tatsächlich, mir wird heiß und kalt, die Haut verfärbt sich von weiß zu rot zu pastellgrün… ich könnte entweder nach Irgendwo fahren, um die nicht ordnungsgemäß mit Zollangaben versehene Lieferung aus Thailand (!) persönlich in Empfang zu nehmen oder ich könnte mir das auch gerne per Boten im Eilversand liefern lassen; die Zollformalitäten würden mir dann abgenommen werden, bitte zahlen Sie daher umgehend die Summe X an folgende Zahlstelle….

So, nun atme ich ganz langsam in eine Papiertüte. Eiiiinnn, auuuuuus.

Nebenbei beiße ich in den sauren Apfel. trenne mich von weiterem Vermögen und hoffe darauf, dass diese beknackten Tücher unter Garantie gut brennen werden.

2 Stunden später klingelt ein Kurierfahrer an der Tür und überreicht mir einen kleinen hübschen Umschlag. Ich bin ganz ergriffen davon, welch erhebendes Gefühl sich einstellt, wenn man im Alleingang die Welt rettet.

In einer recht ausführlichen Mail an meinen Essenslieferdienst schildere ich anschließend meine Erfahrungen mit deren Prämienprogramm und dass ich künftig lieber einen Satz Plastiktüten bestellen werde statt bei Ihnen eine Mahlzeit.

Kurze Zeit später erhalte ich eine Antwort. Sie können nicht auf mich und meine Futterbestellungen verzichten, Entschuldigung, BlaBla, treuer Kunde und so und überreichen mir einen weiteren Gutschein. Aber was noch viel genialer ist: aus dem Prämienshop wurde umgehend die Gutscheine der Bienenausbeuter entfernt.

Ehrlich rundum zufrieden checke ich den Prämienshop und: tatsächlich! Kein einziges Angebot für Bienenwachstücher oder Zahnputztabs. Das macht mich glücklich: ich habe auf diesem Planeten tatsächlich etwas bewirkt und die Menschheit davor bewahrt, für viel Geld einen Artikel um den halben Erdball fliegen zu lassen, den man ehrlich gesagt easy selbst herstellen kann.

SO rettet man die Welt!

Vielleicht, wenn mir mal ganz doll langweilig ist, poste ich eine Anleitung zur Herstellung von Bienenwachstüchern. Seid gespannt!

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Frohes Neues!

Oh my… Über ein Jahr nichts geschrieben. Uppsi.

2020 ist damit ohne Worte… In vielerlei Hinsicht!

Wo fängt man an, um eine gewaltige Lücke zu schließen? Anderen rate ich bei dieser Frage stets: vorne.

Also…. Das letzte Jahr war…anders. Alles war irgendwie anders. Jetzt müsste ich das allumfassende Corona thematisieren, mache ich aber nicht (später vielleicht), betrifft ja jeden Menschen, in unterschiedlicher Ausprägung natürlich, nur soweit: wir sind gesund.

Es gab so viel, was einfach nicht geeignet war, um es ins Netz hinaus zu posaunen. Vieles berufliches, was mich gedanklich schwer beschäftigt hat. Da kam ganz oft die Überlegung, wer hier vielleicht mitliest. Es kann ja schlecht sein, dass man aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht mehr erfahren darf, wer wann und warum einen freien Tag hat, da kann ich ja schlecht über Firmeninterna ratschen.

In dieser seltsamen Zeit hat es der Lieblingskerl dennoch geschafft, den Job zu wechseln und ich hätte das auch nur allzu gerne getan, doch es sollte nicht sein. Das hat mich sehr lange beschäftigt und zwischen dem Warten auf die eine bestimmte Stellenausschreibung, dem Bewerben, einem Gespräch und der Absage habe ich Hochs und Tiefs erlebt, die mitunter im Minutentakt wechselten. Ein äußerst ungeeignetes Thema für die Öffentlichkeit!

Durch eine glückliche Fügung kam bereits Ende 2019 ein sogenannter „Bruno“ in unseren Haushalt. Das ist quasi ein Brotback-Kettenbrief. Man erhält einen kleinen Sauerteigansatz, den man zu einem Teil zu einem Brot verwandelt und zu anderen Teil mit Bedienungsanleitung weitergibt. Das gab es früher für Kuchen- der hieß dann Hermann- und für herzhaftes -Siegfried. Für ein Bruno- Brot braucht man naturgemäß Hefe und Roggenmehl. Ich war also schwer genervt, als  irgendwelche Hamster anfingen, sich mit Mehl und Hefe zu bevorraten. Wer backt denn sonst mit Roggenmehl habe ich mich da gefragt, so einfach loslegen ist damit nicht. Vermutlich fliegt nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatum ganz viele Vorräte in die Tonne. In meiner Not fiel mir wieder ein, dass mir vor einer ganzen Weile eine aussortierte Getreidemühle angeboten wurde, auf diese Offerte bin ich dann nach der ersten großen Hamsterkauf-Welle zurück gekommen und mahle mir nun nach Bedarf selbst frisches Mehl- die Körner wurden zum Glück von den Preppern und Hortern verschmäht.

Am 18. März habe ich Rechner, Bildschirme, Tastatur und ergonomische Maus ins Auto verfrachtet und bin ins Home-Office entschwunden. Da bin ich immer noch. Ich schwanke auch da zwischen „großartige Sache!“ und „das grenzt ja an Einzelhaft!“. Die Wahrheit liegt wie immer in der Mitte und ja, ich bin dankbar, dass ich das problemlos kann und mein Brötchengeber das ermöglicht, aber ich verspüre auch die Isolation. Außerdem ist es eine Herausforderung, sich auf seine Arbeit zu konzentrieren, während Sohnemann in seinem Zimmer eine Videokonferenz führt, der Lieblingskerl eine Etage tiefer den Kaffee fertig hat, der Paketbote klingelt und die Waschmaschine trällert. Wenn man dann noch nebenbei eine Telefonhotline bedient… Naja, das ist natürlich jammern auf hohem Niveau! Wir sind dankeswerter Weise weder von Kurzarbeit noch Verdienstausfällen betroffen, insofern alles auszuhalten. Übrigens… Kennt Ihr den? „Wie lange bist Du schon im Home-Office?“ „Seit 6 Kilos!“ – Jep. Es gibt Tage, da bewegen ich mich zwischen Bett, Büro und Bad rund 350 Schritte und hasse meine Tracking-App.

Bedingt durch die Probezeit von Lieblingskerl gehörten wir zu den Wenigen, denen keine großen Reisepläne zunichte gemacht wurden. Trotzdem überkam uns bei der erstbesten Gelegenheit die Fernweh und der Wunsch nach ei, ner Option, jederzeit und relativ spontan Urlaub zu machen. Also haben wir uns recht spontan online(!!) einen Wohnwagen gekauft und diesen Mal eben am anderen Ende Deutschlands abgeholt. Grandios. Also wir wissen jetzt zumindest, wie wir künftig Urlaub machen. Wo bleibt die Frage….

Aber wir haben im letzten Sommer und Herbst insgesamt 4 Campingplätze in good old Germany besucht, einer davon war quasi „um die Ecke“ und es war sehr schön, auch mal Gegenden zu besuchen, die einem sonst zu nah, zu unspektakulär, zu langweilig und uninteressant erschienen. Alles hat seinen Reiz, man muss nur hin und wieder genauer hinschauen!


Außerdem finde ich Facebook zunehmend doof. Damit kann ich nahezu nichts mehr anfangen. Immer wenn ich da rein gucke, sehe ich Beiträge, die meine Laune rasch Richtung Nullpunkt bringen. Ich mag politische Posts nicht, vor allem wenn sie sich verdammt nah am rechten Rand bewegen. Aber ich bringe es nicht übers Herz, Freunde auszusortieren. Twitter habe ich gar nicht und auch nicht Tiktok und fühle mich dabei alt. Instagram hingegen liiieeeebe ich! Vielleicht macht mich das mittelalt. Außerdem habe ich graue Haare entdeckt *mimimiiiii*

Soweit zu meinem „was in den letzten 400 Tagen geschah“…

Ich muss jetzt wieder öfters hier schreiben, gegen den Home-Office/Corona-Blues, Wörter loswerden, das Gefühl von sozialen Kontakt haben.

Schöne Grüße von hier und bleibt gesund

Eure Martina Carmen Luise, die noch mindestens bis Ende März daheim bleibt und an der körpergerechten Ausformung der Sitzkuhle auf der Couch arbeitet

8

…und plötzlich ist das Jahr zu Ende.

Also noch nicht so ganz, aber fast! Gefühlt ist das Jahr schon ziemlich aufgebraucht.

Meine Lieben, es ist so lange her, dass ich hier etwas geschrieben habe, dass ich mir ganz eingerostet vorkomme.

Es gab aber auch soviel Unbill in den letzten Monaten! Gefühlt war ich immer krank.

Am Jahresanfang hatten wir den Tierarzt zu Besuch – keine Angst, unseren Felltigern geht’s gut, sie wurden lediglich geimpft. Es ist halt wesentlich praktischer, wenn nur ein Tierarzt zu uns kommen muss, statt 3 Katzen zum Arzt zu transportieren. Das scheitert schon daran, dass wir zu wenige Katzenkörbe besitzen. Naja, der Termin ist etwas eskaliert, da unser Grummelkater Kalle lautstark gegen die Behandlung protestierte. Das nahm Mikas, unser kleiner Kater, zum Anlass, sich mit Kampfgebrüll mit ins Getümmel zu stürzen, um seinen Kumpel nach Kräften zu unterstützen. Dabei hat meine rechte Hand etliche Kratzer abbekommen, auch das Nagelbett vom Ringfinger. Die anschließende Nagelbettentzündung hat mich mehrere Wochen beschäftigt.

Dazu kam dann noch so eine Prä-Menopausen-Episode, auf die ich nicht näher eingehen möchte, außer: die Frauenhygiene-Industrie habe ich über 7 Wochen nach Kräften angekurbelt. Ich hatte vor lauter Blutarmut schon Kreislauf. Als ich bereits im Krankenhaus mit dem Arzt meine Operation besprach, versiegte (vermutlich vor lauter Vorfreude) der Strom.

Danach entzündete sich wieder der rechte Ringfinger. Irgendein Fremdkörper hatte sich offenbar durch die vorherige Nagelbettentzündung  im Nagelwall eingenistet. Über Wochen rannte ich zu verschiedenen Ärzten und die erzählten alle das Gleiche: sieht schlimm aus, aber man könne nichts machen, bevor die Entzündung nicht abgeklungen wäre. Also wurden mir verschiedenen Antibiotika verordnet, die allesamt wirkungslos verpufften. Zu guter Letzt ging ich zu einem Handchirurgen und ließ mir „auf gut Glück“ den Finger aufschneiden.  Manches Mal würde es helfen, etwas vom entzündeten Gewebe wegzuschneiden und die Wunde zu „belüften“… Klingt komisch, ist aber so. Die Entzündung ist nun weg, der Fremdkörper ist noch drin. Der bleibt da jetzt auch, ist eh abgekapselt und dürfte nicht weiter stören. Es ist übrigens völlig unklar, woher die fiese Entzündung stammte.

In der Zwischenzeit habe ich mir eine so dämliche Schonhaltung an der Computermaus im Büro angewöhnt, dass ich es jetzt in meiner Krankengeschichte zu einem Tennis-/ Mausarm geschafft habe. YAY!

Im Büro herrscht heilloses Chaos, was mich sehr belastet hat, aber darüber kann ich einfach nicht mit der ganzen internetaffinen Welt plaudern (seuftz).

Und der Sohnemann hat ein Händchen dafür entwickelt, jedes Mal, wenn er Fehlverhalten an den Tag legt, spektakulär aufzufliegen. Das beschäftigt mich mitunter ganze Nächte lang (doppelseuftz).

Meine Mutter treibt mich langsam aber sicher ebenfalls in den Wahnsinn. Sie will einfach nicht verstehen, warum ich wissen möchte, wann sie bei mir zu Hause vorbei kommt und in Haus und Garten rumwirbelt. Ich bemerke es meistens erst nach Feierabend, wenn Dinge in der Küche spurlos verschwunden sind, dass meine Mom offenbar wieder Lust hatte, nach ihrer eigenen Logik aufzuräumen (laaannnger Seuftzer).

Nun, ich gucke jetzt mal, was ich hier so alles verpasst habe.

Und vielleicht gibt es noch 2 oder 3 treue Leser, die noch nicht vor lauter Langeweile vom Leseabo abgesprungen sind (seuuuuftzzzz).

 

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Montagsstarter

Ja, es ist Mittwoch… und ich bin spät dran, aber wer montags frei hat und Dienstag erst spät im Büro eintrifft und dann bis spät arbeiten muss, kommt eben zu nix!

Danke, liebe Anni, dass Du die treueste Montagsstarterin von allen bist und diese Aktion stets aufrecht erhältst, auch wenn der Urheber dieser Idee zwischendurch mal einen Hänger hatte und es nun eine Co-Produktion ist (so ist es doch, oder??)

  1. Ich bin hundemüde. Dafür gibt es einen ganz bestimmten Grund: der Lieblingskerl sägt nachts ganze Wälder ab. Darauf hin angesprochen behauptet er, ich hätte angefangen und sei nicht viel besser. Er schnarche quasi nur zurück, was ich vorgelegt hätte. Ich verweise auf Heuschnupfen, Asthma und eine kürzlich erlittene Bronchitis. ER hingegen sei kerngesund (bis auf Rücken), erzeugt aber selbst beim normalen Atmen im Wachzustand ein dröhnendes Gerassel; was durchaus behandelbar wäre, man müsse einfach mal einen Termin beim Arzt vereinbaren. Daraufhin führt er ins Feld, er habe mit dem Handy meine Geräusche aufgenommen und ob ich die Aufzeichnungen denn mal hören wolle? Ich halte dagegen, dass ich einer Tonaufnahme weder mündlich noch schriftlich zugestimmt hätte und der Beweis vor Gericht sicherlich keinen Bestand habe. Außerdem könne er nicht beweisen, dass ICH das abgesondert hätte. Und überhaupt bezweifele ich stark, dass es besagte Aufnahmen überhaupt gäbe und das nur eine Schutzbehauptung wäre. Da solche Gespräche gerne kurz nach Mitternacht stattfinden, mangelt es mir an Nachtschlaf.
  2. Vor allem bei anhaltendem Geschnarche suche ich mir entnervt einen Ersatzschlafplatz. Man kann ja nicht die ganze Nacht diskutieren. Bei Sohnemann im Zimmer stört mich allerdings das Geplätscher vom Aquarium, da schlafe ich auch nicht viel ruhiger (die Option kommt sowieso nur in Frage, wenn Sohnemann außer Haus übernachtet). Also lande ich regelmäßig auf der Wohnzimmercouch. Die ist nicht zum dauerhaften Schlafen geeignet. Nützt ja nichts, wenn ich dann auch noch Rücken bekomme.
  3. Es fehlt einfach ein ruhiger Schlafpartner neben mir. Einer, der nicht zu Tode erschrocken reagiert, wenn man ihm berührt. Einmal hat er wild um sich geschlagen, als ich ihm einen Schnarchrüttler gab. Voll auf die Nase. Sowas macht man nur einmal. Zumal meine bevorzugte Einschlafseite von Ihm abgewandt ist, so dass ich mich erst drehen müsste, um ihn anzustupsen. Also habe ich mir feine Methoden zugelegt: es gibt da zum einen den liebevoll rückwärtig ausgeführten Fußtritt und zum anderen den Matratzenhopser. Einfach im Bett ein wenig wackeln oder auf die Matratze schlagen, dann wacht der Lieblingskerl kurz auf und die Dauerbeschallung wird unterbrochen. Wenn ich die Gelegenheit gut nutze und ganz schnell einschlafe, verpasse ich die ersten Takte des Konzertes und gehe in den Tiefschlaf über – dann würde es mich nicht mal stören, wenn neben mir eine Bombe einschlägt.
  4. In der letzten Woche habe ich zum ersten Mal erlebt, was passiert, wenn eine Katze rollig wird. Unsere Kleene wird erwachsen. Mitunter hatte sie mitten in der Nacht einen Plärranfall. Es schien, als wären die nächtlichen Störungen überall verteilt.
  5. Bücher sind nicht immer zur Hand, wenn man sie braucht und nehmen viel Platz weg. was mich an den Dingern echt stört. Ich habe lange keins mehr gekauft, stattdessen ist schnell mal was gegoogelt und im Internet nachgelesen. So habe ich auch über rollige Katzen recherchiert und das nächste Schlaflabor gesucht.
  6. Es ist leichter, eine Katze kastrieren zu lassen als den Lieblingskerl zu überzeugen, dass sein Schnarchen dringend behandlungsbedürftig ist.
  7. Diese Woche habe ich Montags das Impfen der beiden Kater Mikas und Kalle auf dem Plan, Dienstag früh wird Minou kastriert und dann kümmere ich mich um den Lieblingskerl. Keine Sorge, der kommt nicht zum Tierarzt.

Minou nach der OP- sie trägt statt einer Halskrause lieber einen umgebauten Babybody, um die Wunde zu schützen.

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Zweitbad

 

Vor 16 Jahren habe ich mein Haus gebaut. Damals gab es den Plan, zunächst nur das Erdgeschoss zu bewohnen und irgendwann einmal das Obergeschoss auszubauen.

Mit dem Nachwuchs wurde der Wunsch nach mehr Wohnraum schon sehr bald Wirklichkeit. Mit dem zweiten Badezimmer sollte es jedoch noch viel viel länger dauern.

Zuerst war der dafür vorgesehene Raum eine Kreuzung aus Abstellkammer und Lager für … alles von Möbeln bis Baumaterial. Dann wurde daraus ein Schlafzimmer für meine Mutter, als sie vorübergehend für rund 5 Jahre bei mir wohnte. Danach diente der Raum als Gästezimmer.

Vor fünfeinhalb Jahren trat Lieblingskerl in mein Leben und er kam ziemlich schnell auf die Idee, dass man, sobald er bei mir einzieht, mit der eingesparten Miete innerhalb kürzester Zeit den Einbau eines zweiten Bades finanzieren könnte. Soweit die Theorie. Leider lässt sich eingesparte Miete auch ganz vortrefflich anderweitig verplempern (nur wo? WOOO???).

Es wurde hier schon zum running Gag vom „imaginären Zweitbad“ zu reden und Freunde nutzten jede sich bietende Gelegenheit, um sich nach dem Baufortschritt zu erkundigen. Ein echter Schenkelklopfer!

Aber irgendwas war immer: „da kann ich nicht loslegen, da steht zu viel rum!“ „Ich muss für den Wasseranschluss die Heizung abschalten- das mache ich keinesfalls in der kalten Jahreszeit!“ „Ich arbeite im Sommer auf gar keinen Fall im Bad rum- da hat der Garten Priorität!“. Also habe ich im Frühjahr 2016 einfach Sanitärobjekte bestellt. Suptil den Druck erhöht, in dem beispielsweise im Carport ne Badewanne stand.

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Und im Wohnzimmer ein Klo.

Bezeichnender Weise hatte ich bereits im August 2018 versucht, diesen Beitrag der Welt kundzutun – und ihm soeben auf dem Scheiterhaufen der Entwürfe wieder gefunden! Irgendwie ganz schlimm der Wurm drin…

Um die Spannung mal etwas abzumildern: Bad ist fertig.

Zwischendrin musste neben Sanitärobjekten noch die Badmöbel angeschafft werden. Nach gefühlt 2 Jahre des Suchens haben wir uns auf einen Hersteller festgelegt. Leider etwas teuer, aber wenn man erst mal schockverliebt ist, kommt da nüscht mehr ran. Zufällig habe ich dann im Internet entdeckt, dass ein Möbelhaus genau den Waschtisch mit Spiegel aus der Ausstellung verkaufen wollte, welches unsere Lieblingsfront bzw. Farbe hatte. Die anderen Möbelhäuser stellten nämlich ausschließlich die Variante aus, bei der die Front schwarz-metallisch glänzte. Auch sehr interessant und in einer Ausstellung höchst spektakulär, aber für unseren Geschmack – abgesehen von Halloween vielleicht – zu düster. Die Version im hellen Perlmutt, die uns so gut zusagte und zudem alltagstauglich war, konnten wir vorher nur im Prospekt bewundern. Das besagte Möbelhaus befand sich, passend zu dieser Geschichte, von uns aus gesehen NATÜRLICH am A… der Welt, aber hej! Wer wüsste, wie lange wir sonst gebraucht hätten, um mal ein Wochenende am Chiemsee zu verbringen.

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Plus Möbelhausshopping.

Hier noch ein sehr schönes Bild vom völlig vollen Volkswagen. Ich hatte als Beifahrer übrigens über 600 Kilometer meine Knie wahlweise im Handschuhfach oder im Gesicht; Lieblingskerl hätte dort gar nicht Platz nehmen können. Aber was tut man nicht alles für sein Traummöbel!

Und hier noch ein paar Bilder von der Bauphase:

Lieblingskerl fing an, den Vinylboden zu verlegen. Doch immer, wenn er ein weiteres Brett an die ersten Elemente anfügte, lösten sich die zuvor zusammengeklickten Teile wieder voneinander und er erlitt einen cholerischen Anfall. Da ich befürchtete, der Bodenbelag würde nur noch einmal „Klick“ machen, wenn er diesen aus dem Fenster wirft, habe ich mich darauf hin im Bad eingesperrt und den Raum erst wieder entlassen, nachdem ich fertig war. Die Teile können nur in einem ganz bestimmten Winkel miteinander verbunden werden und die Toleranz ist verschwindend gering, geringer als die Toleranzschwelle vom Lieblingskerl.

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Fliesen verlegen war auch so ne Sache! Die Fliesen hatten wir während der Planungsphase mal irgendwo vom Wühltisch günstig gekauft und wir konnten uns beim besten Willen nicht mehr erinnern, wo genau das war. Aber auch wenn: nach mehreren Jahren ist nicht mehr garantiert, dass man noch etwas hinzukaufen kann, falls der Bestand nicht ausreicht. Mehrfach habe ich hin und her gerechnet, wie ich möglichst materialschonend die Fliesen schneiden und verlegen könnte, doch es zeichnete sich recht früh ab: das reicht nie! Also haben wir sämtliche Baumärkte in einem Radius von 50 Kilometer nach und nach abgeklappert und die Fliesenabteilungen unter die Lupe genommen. Doch nirgends gab es diese Fliese! Selbst das Internet half nicht weiter. Als hätte es diese Fliese nie gegeben. Also half nur eins: zupassen. Und zwar eine so derart andere Fliese, dass man hinterher immer behaupten kann: jahaaaa, das haben wir von vornhinein so geplant!

Kontrastfliesen am Vorsprung für das Hänge-WC in Nahaufnahme. Genau so haben wir uns das immer vorgestellt. Ehrlich!

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Hier ein paar Eindrücke vom fertigen Bad:

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Und der Badewanne, die einst das ganze Carport blockierte:

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Das Fenster haben wir zur Hälfte mit einer Milchglasfolie vor allzu neugierigen Blicken geschützt; auch hier dominiert das Maritime.

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23

Das geheime Jubiläum

Heute habe ich 25-jähriges Dienstjubiläum. Kaum zu fassen… aber ich wusste das ja schon länger 😉

Also bin ich heute früh in weiser Voraussicht in die Küche gesprungen und habe einen Hefeteig angesetzt. Ganz klassisch mit Vorteig, dann Hauptteig kneten und diesen in Ruhe gehen lassen und auf dem Kuchenblech auch noch mal nett fluffig aufgehen lassen. Für die lieben Kollegen, die mir garantiert die Bude einrennen, habe ich einen leckeren Zuckerkuchen gebacken; man möchte den Gratulanten ja etwas anbieten können. So ein 25-jähriges Jubiläum ist schließlich etwas ganz Besonderes!

Ereignisse diesen Ausmaßes werden im hausinternen Netz veröffentlicht. Früher gab es sogar Mitarbeiterzeitungen, die für derartige Ankündigungen genutzt wurden, aber das ist echt schon laaange her.

Ganz früher gab es sogar mal Extra-Gehalt für ein solches Event, aber zum Wohle der Bilanz wurden uns diese Ansprüche einmal abgekauft. Auch auf schriftliche Glückwünsche auf schwerem Büttenpapier wird meines Wissens seit längerem verzichtet. Fortan gab es nur noch Blumensträuße, Händeschütteln, ein geistreiches kleines Buchgeschenk und 5 Tage Extra-Urlaub. Naja, es gibt ja Momox und Urlaub kann man immer gebrauchen!

Heute gab es… lange Zeit nix. Nur ein paar verwunderte Blicke, weil ich mit einem Kuchencontainer in mein Büro verschwand. Es hat aber auch keiner gefragt, wozu ich diesen mit an den Arbeitsplatz schleppe. Vielleicht wollte ich nur mal der Tortenbox Frischluft gönnen, wer weiß. Noch nicht mal meine Kollegin im Raum fragte nach.

Kollegiales Desinteresse kenne ich ja schon, aber ich hatte heute sogar ein Kleid an. Und die Leggings, die bei jedem Schritt rascheln. Gut, immerhin sprach mich ein Kollege auf einen Kaffeefleck am Decolleté an, aber genau diese Art von Aufmerksamkeit hatte ich heute eigentlich nicht im Sinn. Merke ich mir aber: wenn man will, dass alle gebannt zugucken, dann sind befleckte Kleidungsstücke erste Wahl!

Dann habe ich Detektiv gespielt: wo ist denn diese jährliche Veröffentlichung der Jubiliare? Könnte man ja mal zuuuufällig im Drucker liegen lassen. Sehr gut versteckt offenbar. Ich bin nur auf alte Mitteilungen gestoßen. Na toll, da halte ich 25 Jahre in der Zentrale des bausparkollektiven Irrsinns durch und kein Schwein interessiert es!

Bis mein Chef verschwörerisch um die Ecke kam, sich konspirativ zu mir heunterbeugte und mir zuflüsterte: „Alles Gute zum Jubiläum!“ „Vielen Dank“ raunte ich zurück, gefolgt von „und warum flüstern wir?“

„DATENSCHUTZ“

Aha. Dankeschön, Datenschutzgrundverordnung! Du hast mir den ganzen Tag versaut. Da haste einmal Jubiläum und keiner darf’s wissen.

6

Frohes Fest!

Früher war Weihnachten immer sehr festlich – die ganze Familie stand vorher nochmal im Bad an, um noch schnell unter die Dusche zu springen, dann hat man sich in feinsten Zwirn gekleidet und sich ordentlich frisiert. Meistens waren wir nach dem Kaffee in der Kirche, obwohl wird sonst nicht gerade zu den fleißigen Kirchgängern gehörten, aber es gehörte irgendwie traditionell dazu. Danach gab es Abendbrot – meist Schweinebraten mit Kartoffelsalat – und anschließend fand die Bescherung statt. Es gab immer einen schön geschmückten Tannenbaum, der immer in allerletzter Minute an Heiligabend von meinem Vater gekauft wurde. Manches Mal fand die Besorgung so derartig auf dem letzten Pfiff statt, dass bei den letzten verbleibenden Bäumen kein richtig schöner mehr dabei war und ich kann mich erinnern, dass in einem Jahr aus 2 Tannen eine gebastelt wurde, weil beide mit wenigen spärlichen Ästen ausgestattet waren und die etwas schönere zusätzlich mit Ästen der zweiten Tanne aufgepimt werden musste. Ein anderes Jahr gab es Kiefer statt Tannenbaum, weil es sonst nichts Grünes mehr käuflich zu erwerben gab. Im Jahr darauf haben wir daher einen selbst gefällt. Geschmückt wurde irgendwann zwischen Mittagessen und dem Duschen – auch hier gab es traditionelle Aufgabenteilung. Der Patriarch bestimmte, was an die Zweige gehängt werden sollte, Mutter und ich entwirrten die Lichterkette oder bügelten Lametta auf und die Haus- und Hofkatze sortierte den Behang der unteren Äste neu. Meistens wurde ich irgendwann zwischen Kaffee und Bescherung genötigt, auf dem Klavier ein paar einstudierte Weihnachtslieder vorzuspielen, meistens mit der Drohung mir im kommenden Jahr den Klavierunterricht ersatzlos zu streichen, und es wurde gemeinsam gesunden. Zur Not auch ohne musikalische Begleitung – wir besaßen zwei identische Liederbüchlein, so dass man textsicher an beiden Seiten des Tisches durch mehrere Strophen kam. Ein Weihnachtsabend endete einmal damit, dass mein Vater meiner hinauseilenden Mutter den Kartoffelsalat hinterhergeworfen hat. An den Grund kann ich mich nicht mehr erinnern, meistens war auch kein besonderer Grund erforderlich, dass mein Vater völlig ausrastete, ich weiß nur noch, dass meine Mutter und ich recht lange Kartoffel- und Gurkenstückchen aus dem langfloorigen Teppich herauskratzen; die Spuren an der Tapete waren hingegen recht leicht zu entfernen. Der Rest von Weihnachten verlief dann weitgehend friedlich, da mein Vater es anschließend vorzug, in die Spielbank zu entschwinden und unser Weihnachtsgeld beim Roulette zu verzocken. Und in einem Jahr flog mal durch das Erkerfenster etliche unserer Zaunlatten und segelten knapp an mir vorbei bis kurz vor dem Fernseher. Ein paar Jugendliche hatten sich gestritten und einer davon war durch unseren Garten geflüchtet, um den Angreifern zu entkommen. Diese vermuteten ihn aber im Haus und so schickten Sie hölzerne Grüße durchs Fenster. Für einen ungestörten weiteren Ablauf der Feiertage wurde dann das Fenster mit Brettern vernagelt, was die Dunkelheit im Zimmer verstärkte und bereits morgens das Anschalten der gesamten Weihnachtsbeleuchtung erforderlich machte. Aber insgesamt blieb mir Heiligabend als recht festlich in Erinnerung.

Sehr förderlich für das weihnachtliche Gefühl ist leichter Schneefall und klirrende Kälte, wenn man heutzutage schon nicht mehr in die Kirche geht. Eine Mindestanforderung ist aber immer noch das Spielen von Weihnachtsliedern. Entweder der Sohnemann, der dann seinen Fortschritt beim Gitarrenunterricht präsentieren kann oder meine kläglichen Restfähigkeiten am Klavier, zur Not auch eine CD.

Dieses Jahr war alles anders.

Lieblingskerl entschied Anfang Oktober, dass es sein Herzenswunsch wäre, einmal mit der kompletten Familie Heiligabend bei uns zu feiern. Wer weiß denn schon, wie lange seine „Ellies“ noch leben, zumal sein Vater bereits an Krebs erkrankt ist. Und überhaupt: meine Mom ist ja auch nicht mehr die Jüngste und auch uns könnte ja jeden Tag etwas wiederfahren. Mit dieser Endzeitstimmung machten wir uns an die Planung.

Es ging schon mal recht holperig los, da bis Anfang Dezember keiner verbindlich zu- noch absagen wollte. Vorsorglich habe ich Mitte Oktober unser Weihnachtsgeschirr noch um ein Paar Teller und Tassen ergänzt, denn es gibt nicht viel schlimmeres, als eine festlich gedeckte Tafel mit bunt zusammengewürfeltem Geschirr oder – noch schlimmer! – eine einheitlich gedeckte Tafel mit nur einem unpassenden einzelnen Teller. Da werde ich ganz komisch… also noch komischer als sonst! Die Bestellung ließ dann gut 2 Monate auf sich warten, so dass ich schon ganz kribbelig wurde. Unser Weihnachtsgeschirr ist nämlich ein Auslaufmodell und es war nicht so einfach, noch irgendwo große und kleine Teller, Untertassen und Kaffeetassen aufzutreiben. Ich musste in 2 Läden bestellen und diese schrieben von Lieferschwierigkeiten, Nachbestellung beim Hersteller und solch Hiobsbotschaften.

Diese Zeit zwischen Einladung und dem eigentlichen Fest, wo man weder weiß, wer kommt wann und möchte vielleicht der eine oder andere bei uns übernachten, empfand ich als recht belastend. Lieblingskerl sieht alles immer ganz locker und sagte so etwas wie: „wen stört es denn schon, wenn eine von einem anderen Geschirr essen muss“ (na mich!) und „da achtet doch kein Mensch drauf“ (doch, ich!) bis hin zu „ist mir jetzt auch egal, Weihnachten findet so oder so statt und wer da ist da oder auch nicht“, dass ich Stresspickel bekommen habe. Quasi in letzter Sekunde wurde mir dann mitgeteilt: „Es kommen übrigens alle…“ – „Super; ich bin vorbereitet“ – „… und zusätzlich kommt noch die Mutter meiner Schwägerin samt Freund“ – „AHHHHHH!“

Ich war dann ziemlich bockig, weil ich ungerne so ein intimes Fest wie Heiligabend mit Fremden feiern möchte… und darüber hinaus möchte ich gerne gefragt werden, so aus Prinzip und für das Gefühl, im eigenen Haus noch irgendwas zu sagen zu haben (wenn ich auch nie mein Veto eingelegt hätte). Nur eine spontan eingefädelte Nachbestellung des Weihnachtsgeschirrs seitens Lieblingskerls (mittlerweile wieder auf allen Plattformen in rauen Mengen verfügbar…) hat mich milde gestimmt.

So hatten wir also insgesamt ein kleines Familienfest mit 11 Personen vor uns. Aber auch ein mittlerweile auf 11 Teile angewachsenes Geschirrservice. Immerhin!

Erschwerend kam hinzu, dass wir einen neuen Schrank für das Esszimmer bestellt haben, aber diese nach nunmehr 8 Wochen immer noch nicht da ist, obwohl er eigentlich nach 7 Tagen geliefert werden sollte. Bedauerlicher Fehler beim Rausholen aus dem Lager – Schrank leider derart defekt, dass die Firma einen neuen anfertigen lassen musste. Leider hatte ich schon den Schrank, der ersetzt werden sollte, abgebaut und unser Esszimmer glich optisch einem Katastrophengebiet. Kartons, Kisten, Tüten und Häufchen von Bastelkram, der Gesamtbestand an Kerzen und Kerzenständern meines ganzen Lebens, ungeahnte Mengen an 100er Packs Teelichter und Dekozeugs für Anlässe aller Art lagerten übergangsweise quasi überall.

Da ich den abgebauten Schrank weder Müllhalde noch einem Online-Verkufs- oder Flohmarktportal antun wollte und konnte (viel zu alt zum weg werfen, aber leider nicht gut genug für einen Antiquitätenhändler), entschloss ich mich, diesen auf dem Dachboden einzulagern. Nichtsahnend entdeckte ich darauf hin, was schon alles in ähnlicher Absicht auf den Dachboden ein vorübergehendes Zuhause gefunden hatte – und habe dann tagelang aussortiert. Ein ganzer Kofferraum (Kombi mit unglaublichem Ladevolumen) voll Kinderbekleidung und Spielzeug fand so seinen Weg zur Spendenkiste beim kirchlichen Stift. Und bis heute beherbergt der Kofferraum alles, was bis um Eintreffen der Gäste keinen vernünftigen Platz gefunden hatte. Ich werde vermutlich die nächsten Tage Fahrrad fahren!

3 Tage Urlaub habe ich mir vor Weihnachten genommen, um Kekse, Kucken und Torten zu backen, , Einkäufe zu erledigen, die Festbeleuchtung zu komplettieren und zu wienern und zu schrubben und die Bude auf links zu drehen und komplett auf Vordermann zu bringen. Als letzte Idee fiel mir noch ein, ein kleines Körbchen bereitzustellen, in dem jeder Gast sein Handy legen kann, um es beim Gehen wieder mitzunehmen. Aber Lieblingskerl fand das albern und überflüssig. Er sollte noch eines Besseren belehrt werden!

Und dann kam die liebe Sippschaft an. Zum Glück mit Verspätung und nicht wie beim letzten Treffen schon eineinhalb Stunden vor Beginn, während man es selbst noch nicht mal unter die Dusche geschafft hatte.

Man sollte noch Folgendes vorab wissen: Lieblingskerl hat in dieser Familie eine Meldepflicht. Einseitig und so gewiss wie das Amen in der Kirche. Unumkehrbar. Das ist ein ungeschriebenes Gesetz. Nur er hat sich stets nach dem werten Befinden aller zu erkundigen und selbst einen regelmäßigen Rapport abzuliefern. Bei ihm wird sich höchstens gemeldet, wenn der neue PC/ das neue Smartphone/ der Drucker/ whatever nicht auf Anhieb funktioniert. Dann wird sich daran erinnert, dass Telefone auch zum Absetzen eines Gespräches genutzt werden können. Ansonsten hört sich Lieblingskerl immer an: „Warum meldest Du Dich jetzt erst?“ „Komm doch mal wieder vorbei“ und „Erklär mir doch mal, warum wir Dich nicht öfters hören“. Meistens ist der Grund simpel: er wollte so was nicht hören und schiebt seit Wochen überfällige Telefonate oder Besuche vor sich her. Oder zusammengefasst; kein Bock auf diese ganze Arie. Oder ich bekomme Geburtstagskarten, in denen ich aufgefordert werde, doch mal offenzulegen, warum ich Lieblingskerl verbiete, sich regelmäßig bei seiner Familie sehen zu lassen. Tja, vielleicht liegt es daran, dass ich darauf keinen Einfluss habe?

Die Lieben begrüßen sich also untereinander überschwänglich und wortreich, legen die Berge an Geschenke ab („nein, wir schenken uns nichts! Höchstens eine Kleinigkeit für die Kinder!“), pellen sich aus den Jacken und Schuhen, schlüpfen in die mitgebrachten Hausschuhe (hä? Als wenn sie jemand dazu verpflichtet hätte… ich jedenfalls nicht) und warten darauf, dass ich aus der Küche zu ihnen eile, um sie zu begrüßen. Dann wird Platz genommen und Kaffee und Kuchen kredenzt.

Vor lauter Gastgeberpflichten bekomme ich noch nicht viel mit, aber im Laufe der Veranstaltung wird mir folgendes klar: Es finden nur Gespräche statt, an denen ich nicht teilhaben kann, weil ich viele Akteure der Geschichten nicht kenne. Wobei der Großteil der Konversation gar nicht Gespräch ist, sondern eher ein derbes Sprücheklopfen. Beispiel? Na nur allzu gerne:

„Gott ist der da im blauen Hemd. Immer, wenn er auf Klo Kacken geht, rufe ich „OHHH GOTT“ und er sagt dann „Ja, völlig richtig! Nenn mich Gott.“ Für mich ist Papa Gott.“

Oder so sinnfreies Rumgefrotzele: „Sei nett zu meinem Sohn!“ „Oh, ich haue ihm gerne von Dir ein Paar in die Fresse“ „Ach, Du bist doch blöd!“. Wohlgemerkt eine Unterhaltung unter Erwachsenen.

Ich habe eine Weile versucht, Schimpfwörter mitzuzählen, bin aber recht schnell aus dem Takt gekommen.

Ein weiteres Highlight war, dass die Nichte von Lieblingskerl die ganze Zeit über Ihr Handy in der Hand hielt und die Gesellschaft mit Fotos, Videos und Whattsapp-Nachrichten unterhielt. Irgendwann saßen ungefähr 7 Leute am Tisch und zeigten sich gegenseitig unglaublich wichtige Sachen auf dem Smartphone – nur mit den Gastgebern wollte keiner reden. Ich schlug einmal vor, wir könnten uns ja alle zusammen mit einem Quiz beschäftigen, welches ich extra zum allgemeinen Vergnügen gekauft habe, doch geantwortet hat mir keiner.

Nichtenkind redete nur 2x mit uns: einmal, als sie ein Ladekabel brauchte und einmal, als sie das W-LAN-Passwort benötigte. Ich war zunächst sehr überrascht, dass es überhaupt reden kann. Einmal hat sie fast mit Lieblingskerl geredet: „Lieblingskerl, ich habe hier ein Video, dass MUSST Du Dir ansehen!“ Lieblingskerl reagiert höchst erfreut, dass sich seine Nichte doch noch daran erinnerte, dass es ihn gibt; doch diese rannte an ihm vorbei, ohne ihn zu beachten. Der Freund ihrer Großmutter heißt nämlich auch Lieblingskerl und zu diesem setzte sie sich dann auf den Schoß. Sie ist 16, groß, blond, knackenge weiße Jeans, auf der sich der Tanga abzeichnet und trug extra bauchfrei, damit ihr Bauchnabelpiercing gut zur Geltung kam. Sie ließ sich in die Arme des alten Mannes fallen und ließ die frisch gelverstärkten Krallen über das Display gleiten. Bei Opa Lieblingskerl auf dem Schoß reagierte dieser auch höchst angemessen als er rief: „Wat hasst‘n da? Willste mit mir zusammen nen Porno kieken?“ Man sollte sich vorher überlegen, wie nuttig man sein Outfit wählt.

Meine Mutter guckte mit völlig entgleisten Gesichtszügen zu mir rüber und Sohnemann flüsterte mir ins Ohr „Mama, wir habe auch schon schönere Weihnachten gefeiert“. Extrapunkt in Diplomatie, mein Sohn!

Die Zeit dazwischen wurde genutzt, um Lieblingskerl sehr einfühlsam und wortgewandt darauf aufmerksam zu machen, dass er in letzter Zeit ganz schön fett geworden sei.

Nach dem Kaffee wurde beschlossen, Geschenke zu verteilen. Da besprochen wurde, nur den Kindern eine Kleinigkeit zu schenken, habe ich mich darauf verlassen und keine Präsente für die Erwachsenen besorgt. Lieblingskerl war etwas unsicher, ob das richtig sei, da meinte ich noch: „mach Dir keine Gedanken – erstmal ist das beschlossene Sache und außerdem schenken wir allen ds Weihnachtsessen bei uns im Haus – das ist doch schon Geschenk genug!“. Nun beschenkten sich alle gegenseitig, also bis auf uns… Meine beiden Männer bekamen beide Schokolade aus der Schweiz, für mich gab es von den Schweizern kein Mitbringsel – vermutlich halten die mich für grob adipös, wo doch schon Lieblingskerls Bauch Grund zu Beleidigungen war. Von Lieblingskerls Eltern bekam ich eine Schachtel Trüffelpralinen (die ich nicht leiden kann, aber das wussten sie vielleicht nicht) und von der Mutter meiner fast-Schwägerin bekam ich Rotkäppchensekt der Sorte „mild“ ( den ich nicht leiden mag, weil mir Rotkäppchen immer einen Brummschädel verursacht UND weil ich nur trockenen Sekt mag, aber das wusste sie vielleicht nicht). Leute, ehrlich: wenn man beschließt, nichts zu schenken, ist es ok, nichts zu schenken. Dann doch irgendwas zu schenken ist vorsätzlich bösartig für den Fall, dass sich der Beschenkte an die Abmachung hält und dann mit leeren Händen da steht. Und auch bei Kleinigkeiten loht es sich, Neigungen zu erfragen. Einfach nur irgendwas schenken um sich zu sagen: „Haken hinter, erledigt!“ erfreut allgemein Niemanden.

Eigentlich hatte ich gehofft, der Lieblingskerl stellt sich mal hin und sagt sowas wie: „Schön, dass ihr alle da seid. Unser Geschenk ist die Einladung zu unserem schönen Festessen hier am heiligen Abend – lasst es euch schmecken!“ oder so etwas in der Art, doch auf Rede reden hatte er zu diesem Zeitpunkt bereits keine Lust mehr.

Zum Schluss sagte Schwägerin zur Nichte: „Nee, lass die Tüte mal hier liegen, die nehmen wir nicht mit, die ist ja schon kaputt!“ Ich habe auf Anhieb verstanden, dass sich meine Pflichten als Gastwirtin selbstverständlich auch auf das Wegräumen vom Dreck meiner Gäste erstrecken. Ist ja in DER Familie nicht wie bei Freunden, wo man fragt, wo der Mülleimer ist (wenn man es denn schon nicht merken konnte) und selbst was weg wirft, weil man einfach mitdenkt und nett ist und höflich ist. Aber das sind schon 3 Eigenschaften, die in Bezug auf seine Familie einfach keinen sinnvollen Satz ergeben.

Erst- und Zweitfeiertag habe ich genutzt, um meine depressive Seite kennenzulernen und habe viel geweint. Und mich bei meiner Familie entschuldigt, dass Weihnachten so war, wie es war. Es wird keine Wiederholung geben. Nächstes Jahr brauche ich Schnee, Kälte, ein Funkloch und Einsamkeit.